Wenn das Wochenende durch Familienfeiern komplett ausgeplant ist und nicht einmal das Internet mit seinem reichhaltigen Pornoangebot für Zerstreuung sorgen kann, besinnt man sich auf die guten alten Zeiten, an denen Samstag noch Filmabende mit der Familie bedeuteten. Ein Blick in die Fernsehzeitung offenbart das kümmrige deutsche Fernsehangebot, aber immerhin hat ProSieben einen Film im Angebot, der für Metaller einen Blick wert ist, rein aus Gründen der Selbstreflektion natürlich. Die Geschichte ist schnell erzählt: Nachwuchs-Musikproduzentin Annika erhält die Aufgabe eine finnische Pop-Band ("Ripili") für einen deutschen Nachwuchswettbewerb fit zu machen, bucht aber dank unzureichender Finnischkenntnisse die Death Metal Band "Rypili". Um ihre frisch erworbene Praktikantinnenstelle beim Labelmonster "Grand Music" nicht zu verlieren, muss sie nun also diese Band in zwei Monaten auf ein massentaugliches Format runterbrechen.
Die Exposition ist gesetzt, Zeit die Klischee-Maschinerie anzuwerfen: natürlich müssen die Finnen mit komatösen Alkohollevel auf einem Schiebewagen ihr Flugzeug verlassen und verbringen ihre ersten Stunden im deutschen Hotel erst einmal mit Saufen. Mit Mühe und Not kann Annika die Jungs in eine Aufnahmestudio bewegen, in dem eine Bestandsaufnahme zu den spielerischen Fähigkeiten gemacht wird. Auf das schnelle Geblaste der Finnen meint der Aufnahmeleiter nur trocken: "Da müssen wir nochmal ganz von Vorne anfangen" - Ja natürlich, denn wir wissen alle: Leute die präzise Sechzehntelnoten feuern können, sind nicht in der Lage ruhige Lieder zu spielen... Hier wird ein wunderschönes Bild vom Musikentstehungsprozess an sich gezeichnet: das junge BWL-Küken schüttelt locker-lässig eine schmalzige Ballade aus dem Ärmel und die Band spielt diese sofort etwas verdutzt nach. Der erste Auftritt der Band wird dennoch zum Desaster: Viele junge Mädchen die natürlich auf die Pop-Band "Ripili" gewartet haben, werden bitter enttäuscht, als Rypili zum letzten Mal in diesem Film rebellieren, den Kopf einer geschenkten Puppe abbeißen und nochmal so richtig losdreschen. Der Anblick einer Gruppe schreiender Mädchen die in völliger Panik vor Death Metal wegrennt, ist definitiv DAS Highlight des Films.
Nach leichten Verwirrungen, dem retardierenden Moment, in dem der Zuschauer nochmal hofft, die Band möge sich wieder stillschweigend nach Finnland verkrümeln und dort ihr Ding drehen, erkennt Annika dass sie die Jungs nicht verbiegen kann. Zumindest nicht komplett: sie dürfen ihre schwarzen Klamotten und den Bandnamen behalten. Spätestens ab hier sind die Metaller aus dem hohen Norden nur noch Freigeister in den Grenzen einer zuckrig süßen Popwelt und ergeben sich vollkommens in ihr Schicksal, schließlich winkt ja die große Karriere.
Nachdem Annika auch noch schnell das Asthma von Frontmann Matti geheilt hat (...) gewinnen Rypili natürlich den Wettbewerb mit einem klebrig-beliebigen Nickelback-Klon. Annika bekommt den Sänger, ihre Schwester den Bassisten und die fiesen Kapitalisten von "Grand Records" eine Abfuhr. Schöne neue Rockwelt. Dieser Film erhielt übrigens den mit 30.000€ dotierten Produzentenpreis beim Hamburger Filmfest mit der Begründung er besteche durch seine Haltung, frei von jeglicher Sentimentalität, aber voller Gefühl - mit Schauspielern, die ohne in Klischees zu verfallen, wunderbar präzise, glaubwürdige Figuren spielen, deren komisches Potenzial nie aufgesetzt wirkt."
Das einzig glaubwürdige an diesen Finnen ist vielleicht die Tatsache, dass sie auch in der Sauna nicht auf ein Bier verzichten wollen und in Deutschland das Alkoholparadies sehen. Hape Kerkeling bewies vor 10 Jahren als Gangster-Rapper der finnischen Band "R.I.P. Uli" (Was für ein Zufall...) beeindruckend, wie gute, lustige Satire auf eine Musikszene funktioniert. Im aktuellen Fall wird aber einfach nur jedes verfügbare Klischee benutzt um dieser drögen Schmonzette so etwas wie Humor zu verleihen. Metal hat es endgültig in die deutsche Prime-Time geschafft, leider jedoch nur als schlechter Witz. Am nächsten Samstag läuft übrigens auf ProSieben "Popp Dich Schlank". Große Fernsehunterhaltung ist zu erwarten...