Da ist er also endlich, der Sommer 2009, mit allem was dazugehört: viel Sonne, leichtbekleideten Mädels, im TV der Medlock in weißem Shirt mit einem Dieter-Bohlen-Sommerhit auf den Schmuselippen. Ähm, ja, das ist mir persönlich dann schon wieder zu viel des Guten.
Zum Glück gibt es da ab und an gewaltige Sommergewitter, bei denen sich dunkle Wolken auftürmen, Blitze zucken und Donner grollen, die einem durch Mark und Bein gehen. Ungefähr so erfrischend darf man sich Anaal Nathrakh vorstellen: Wie eine große, sich entladende Gewitterfront in Form des Raumschiffes aus Independence Day. Sie verdunkeln und kühlen erschreckend schnell die Gemüter ab, versauen jede Gute-Laune-Grill-Party und schießen einfach nur aus vollen Rohren mit Hass und Pestilenz! Kurzum: einen besseren Zeitpunkt für die Veröffentlichung ihres neuen Langspielers "In The Constellation Of The Black Widow" hätten die beiden Briten nicht wählen können.
Was dem geneigten Hörer geboten wird, knüpft nahtlos an das 2007er Album "Hell Is Empty, And All The Devils Are Here" an. Ein äußerst unbekömmlicher Cocktail also, den man ohne Bedenken "Black Summer" taufen könnte. Die Grundessenz: rasender Black Metal mit einem guten Schuss Grind. Das Ganze geschüttelt und gegroovt. Und obendrauf gibt es die in der jüngeren Bandgeschichte immer häufiger auftretenden cleanen Gesangparts, welche von epischen Gitarrenläufen getragen werden. Das sind Momente, in denen Zeit und Raum um das fliegende Chaos Anaal Nathrakh stillstehen, sich aller Krieg und Hass auflösen und dem bizarren Szenario der Zerstörung eine eigenartige Ästhetik verliehen wird. Schönheit kann eben in allem stecken!
Genau diese Art von Epik bieten beispielsweise "In The Constellation Of The Black Widow", "More Of Fire Than Blood" sowie "So Be It". Mit schwerem, heftigem Groove kann "The Unbearable Filth Of The Soul" aufwarten, "Terror In The Mind Of God" zwischen allem Gebolze und Gekeife mit einer wunderbar hymnischen Melodie à la God Dethroned überraschen. "Oil Upon The Sores Of Lepers" bietet gleich zu Beginn einen treibenden Moshpart, "Satanarchist" hingegen eröffnet mit schönem melodiösen Black Metal Riffing. Hier kommen wie gewohnt viele Einflüsse extremsten Metals in einem druckvoll produzierten Gewand daher.
Wirklich verändert haben sich Anaal Nathrakh nicht, aber wozu auch? Sie beherrschen ihr Handwerk und haben so einige Alleinstellungsmerkmale, die große Stilveränderung unnötig machen.
Also, wenn du die Wahl hättest, im hoch oben thronenden Zerstörer Anaal Nathrakh zu sitzen und voller hasserfüllter Freude Dunkelheit und Terror über die Welt zu bringen oder der Mann am Grill zu sein, der seinen Bratwürsten nach diesem imperialen Impakt des Sommers gleich sehr ähnlich sehen wird - auf wessen Seite stündest du dann wohl lieber?