Wenngleich die Metalgemeinde ja immer um Interdisziplinarität und Offenheit bemüht ist, merkt man doch manchmal die eigene Eingefahrenheit. Da braucht es schon einen Herrn Weinrich und seine amerikanischen Freunde Kelly und Von Till, damit man mal wieder die Townes Van Zandt-Platten rausholt. Townes Van Zandt? Das ist doch Country? Korrekt und darum wird es auch gehen, denn die oben genannten Herrschaften haben sich der ehrenvollen Aufgabe angenommen, den Texanischen Musiker mit einer interpretativen Hommage wieder in den musikalischen Fokus zu rücken.
Natürlich entwickelt man eine gewisse Erwartungshaltung, wenn man liest, dass Musiker von Neurosis (Steve von Till, Scott Kelly), Saint Vitus (Scott Weinrich) und Shrinebuilder (Scott Weinrich, Scott Kelly) an einer solchen Platte beteiligt sind. Um so überraschender, wenn beim ersten Ton klar wird, dass hier authentisch gecovert wird. Natürlich, alles ist ein bisschen langsamer, deutlich sauberer und instrumental etwas ausgefeilter als das Original. Das County-Trio schafft es jedoch, die Stimmung Townes Van Zandts in neun Interpretationen seiner Klassiker glanzvoll und überzeugend einzufangen. Eine Hingabe in dieser Form ist mehr Ehrerbietung, als jegliche posthume Preise, welche diesem Mann gebühren könnten. Man merkt, es hier mit der Arbeit echter Liebhaber zu tun zu haben. Besonders bei "Tecumseh Valley", "Nothin'" und "Black Crow Blues" wird dies deutlich. Allein bei Kellys "St. John The Gambler" hätte man überlegen können, die Geschwindigkeit etwas hochzuziehen und mehr Enthusiasmus in die Stimme zu legen, aber das sind Beschwerden auf hohem Niveau; Gänsehaut bekommt man ohnehin.
Eine leichte Instrumentierung und gekonnte Gitarrenarbeit stellen hier die Stimmen in den Vordergrund, welche die Geschichten des glücklosen Songwriters gefühlvoll und einfangend erzählen. Jeder Ton darauf bedacht, ehrlich zu wirken und nicht anmaßend zu sein. Kelly, Von Till und Weinrich lassen den Geschichtengeber wieder sprechen, geben ihm eine neue Stimme. Stets mit dem Blick, seine Version nicht zu verwischen. Wer die Augen schließt, sieht nicht die drei Musiker, sondern die Szenen aus Van Zandts Liedern.
Jedem der einen Hang zur akustischen Musik hat und Townes Van Zandt nur aus "The Big Lebowski" ("Dead Flowers") und "In Bruges" ("St. John The Gambler") kennt, sei diese Platte wärmstens ans Herz gelegt. Lebendiger bekommt man seine Musik nicht mehr zu hören.
Mit Sicherheit geht es hier nicht um die großen Gewinne. Vielleicht wird dieses Album auch nicht den viralen Effekt haben, den man sich mitunter wünscht. Doch selbst dann muss die Initiative gelobt werden. Mit "Songs of Townes Van Zandt" bekommt man musikalisch starke Interpretationen geliefert, bei welchen es die Musiker immer schaffen, kunstvoll in den Hintergrund zu rücken. Mit Herz und viel Energie hat man hier eine CD kreiert, die Lust darauf macht, sich mehr mit diesem Musiker zu beschäftigen, sein Leben nachzuvollziehen und tiefer in seine Lieder einzutauchen. Hier wurde klar im Sinne des Urhebers gearbeitet und ich schließe mit einem Zitat jenes Mannes: „Ich denke nicht, dass meine Lieder alle so traurig sind. Ich habe ein paar, die nicht traurig sind – die sind nur hoffnungslos.“