Mädchendreck soll der neue große Name am Black Metal-Firmament werden und die großen Drei, Immortal, Marduk und Mayhem, vom Thron stoßen. Die Waffe der Wahl? Schwarzmetallischer Grindcore aus der Feder von Christof Kather und Klaus Nicodem, beide ehemals durch Japanische Kampfhörspiele bekannt. Was Mädchendreck wirklich ist, wie es klingt und was sich die Jungs dabei gedacht haben, lest ihr mit den folgenden 3550 Wörtern!



Hallo Christof, bzw. Fotsirhc! Da wir uns über deine neue Black Metal-Kombo Mädchendreck unterhalten, werde ich dich auch mit deinem vertrackten Pseudonym ansprechen. Fühlen sie sich physisch und psychisch in der Lage, dieses Interview zu führen und nach bestem Wissen und Gewissen alle Fragen zu beantworten?

Fotsirhc: Was? Äh, ja.


Gut zu hören, dass ihr auch im Black Metal eure Songlänge beibehaltet. Aber eine leichte Death Metal-Note sowie Grind-Fragmente könnt ihr nicht verbergen! Wie ernst ist euch, dass die Platte nach Black Metal klingt? Ironie wird ja hier bestimmt keine im Spiel sein.

Fotsirhc: Wir lieben Black Metal, weil es die Art Metal ist, die auch Mädchen sich reintun können, ohne dass es zu Menstruationsstörungen kommt. Black Metal ist zudem gut für die Seele, und damit ideal geeignet, um Wohlfühlthemen, die einem auf dieser brennen, zu transportieren. Genau das haben die JaKa (Anm. d. Red.: Japanische Kampfhörspiele) jahrelang falsch gemacht, bei denen die Ernsthaftigkeit der Texte immer etwas unter dem äußerst anstrengenden Mix aus Deathpop und Grindpunk litt.


Black Metal also als Musik für erwachsene Mädchen, die den Stress des Alltags vergessen und endlich nicht mehr bluten wollen, wenn die Double-Bass im Infratakt rumpelt? Wie bewertest du dann die Shoegaze/ Black Metal-Szene mit Vertretern wie Alcest? Ist das was für Kinder und könnten Mädchendreck, wenn sie auch Lena Meyer Landruth abholen wollen, noch in die Richtung gehen?

Fotsirhc: Herrjemine. Jetzt erwischst du mich aber kalt. Ich habe keine Ahnung, was ein Infratakt ist, noch kann ich etwas anfangen mit Shoegaze, Alcest oder Meyer Landruth. Letztere hat etwas mit der Olympiade 1972 zu tun, richtig?


Ja, sie hatte damals den Zehn-Kampf auf halb-unsichtbaren Rollschuhen gewonnen. Eine Disziplin bestand daraus, "The Show Must Go On" zu rülpsen, während man einen Parcour voller tollwütiger Eichhörnchen passieren musste. Eine wirklich beeindruckende Kür, die man wohl niemals vergessen wird. Aber kommen wir zurück zu Mädchendreck. Was ist Mädchendreck und wie sieht sowas aus? Außerdem interessiert die Leser sicherlich auch, wie Mädchendreck euch menschlich beschreibt und welches Motto an eure Musik gelegt werden kann.

Fotsirhc: Wir sind immer noch die Alten, bzw. wieder. Musikalisch haben wir uns zurückentwickelt und liegen damit voll im Zukunftstrend. Stichwort ist hier Downshifting. Andere interessante aktuelle Wörter heißen Schengen-Erweiterung, Inklusion und Geschlechtersegregation. Was genau sie bedeuten, kann ich nicht sagen. Sie haben aber was zu tun mit der Auflösung von Grenzen. Da ist natürlich nichts gegen einzuwenden. Wir alle freuen uns ja auf One World, in der es alles für alle gibt und alle gleichgeschaltet sind. Eine Grenze darf unserer Meinung nach aber auf gar keinen Fall fallen: Die zwischen Mainstream und Underground. Um diese aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen, machen wir mit Mädchendreck alles so DIY wie möglich. Auch Umweltschutz ist hierbei ein Thema für uns. Wir werden von "Friendly Fire" nur die Verpackung produzieren lassen (welche zudem ganz ohne Plastik auskommt), um die Umweltbelastung durch CDs, die im Mp3-Zeitalter sowieso keiner mehr braucht, zu vermeiden. So ist allen gedient. Den Menschen und der Natur. Die Mädchendreck-Songs bekommt man beim Kauf der Verpackung in Form bester Mp3s gratis dazu. Wer keine Kinder hat oder wem der Zustand unseres Planeten aus anderen Gründen egal ist, kann sich von den Mp3s eine CD brennen und diese dann selbst gestalten. Wir freuen uns schon auf Einsendungen der individuellen Mädchendreck-CD-Gestaltungen!


Und das in einer Zeit, wo die Leute wieder anfangen LPs zu hören und ihre Plattenspieler raus zu kramen. Denkt ihr nicht, dass ihr da auch einigen ziemlich auf den Schlips tretet, denen ja schon das CD-Format zu stark komprimiert ist? Generell finde ich die DIY-Bastelplatte aber eine grundsolide Idee. Soll das auch Beispiel für andere Bands auf unundeux werden? Man spart ja dadurch auch immens Kosten, wenn man ehrlich ist.

Fotsirhc: Wir sind ehrlich! Natürlich steht auch jedem frei, sich von den Mp3s eine Vinylplatte zu pressen. Oder sie auf Kassette zu überspielen. Was die Komprimiertheit angeht, sind Mp3s heutzutage doch schon so weit, dass man den Unterschied im Grunde gar nicht mehr bemerkt. Außerdem geht es ja im Falle Mädchendreck um Black Metal. Dieser ist von vorn herein schon nicht so komprimiert wie aktuelle Metal- oder Death Metal-Produktionen. Bei solchen ist man im Zuge des Lautstärkewettrüstens leider dazu übergegangen, sie zu brutalstmöglichen Würsten zu komprimieren, die vom Sound her gar nicht mehr auseinander zu halten sind. "Friendly Fire" hingegen klingt sehr menschlich und sympathisch.


Bei Fake Idyll hattest du ja damals einzelne Spuren aufgenommen und zu völlig kaputten Drum-Tracks zusammengeschoben. Wie lief das bei Mädchendreck? Gab es ein homogenes Songwriting, bei welchem du mit Sualk in einer düsteren Grotte bei Kerzenschein gesessen, eine Ziege geopfert, Döner gegessen und dich den Einflüssen der dunklen Mächte ausgesetzt hast? Wie sieht Songwriting bei euch generell aus? Eher spontan und auf Zeitdruck oder habt ihr lange an den Songs gebastelt?

Fotsirhc: Das weiß ich schon gar nicht mehr ... wobei, doch! Jetzt fällts mir wieder ein! Und zwar waren die Drum-Tracks ursprünglich gedacht für ein Projekt, welches ich mit Rob von den Grindfuckers machen wollte. Ich bildete mir damals ein, dass ein gemeinsames Projekt eventuell ein Weg sein könnte, ihn von diesem absonderlichen Stammtischgrindcore wegzubekommen. Das hat aber nicht geklappt. Dann lagen die Spuren monatelang in einer Schublade und ich erinnerte mich ihrer erst wieder, als ich mich - was noch unwahrscheinlicher war, als die Bekehrung des Rob - mit Sualk vertrug! Sualk und ich hatten ja zu JaKa-Zeiten einen 13 Jahre lang schwelenden Streit, der erst zwei Jahre nachdem wir den Grund für diesen begraben hatten, also durch die Auflösung von JaKa, geschlichtet werden konnte. Nach dem Rauchen der Friedenspfeife ging dann alles ganz schnell. Sualk hat paar Riffs aus dem Ärmel geschüttelt und diese direkt bei sich im Wohnzimmer aufgenommen. Texte waren genauso schnell am Start. Die liegen ja bekanntlich auf der Straße.


Wenn du über Spuren für Rob von den Excrementory Grindfuckers sprichst, die dann zu Black Metal verarbeitet werden, denkt man ja unweigerlich auch an Nebelmacht. Ein Projekt, mit dem Rob 2002, gemeinsam mit Kollege Him, ein Full-Length namens "Seuchenfrieden" veröffentlicht hat. Alles eher satirisch als satanisch und trotzdem von Erfolg gekrönt, auch in der karikierten Szene selbst. Ist diese Ähnlichkeit zu Mädchendreck nur blanker Zufall?

Fotsirhc: Von Nebelmacht höre ich zum ersten Mal. Seuchenfrieden ist kein schlechter Albumtitel. Jedenfalls für 'ne Spaßband. Mädchendreck ist keine Spaßband!



In unserem Interview vor 2 Jahren war Mädchendreck auch schon Thema, damals noch mit der Idee, dass Nekroboy von Das Krill als Sänger, Rob an der Gitarre und J.Schiel von Layers als Keyboarder einsteigen. Was ist daraus geworden und wieso nun doch nur Kather und Klaus?

Fotsirhc: Interessant! Da kann man mal sehen, wie sich die Karten jeden Tag aufs neue mischen. J. Schiel ist allerdings nicht der Typ von Layers. Wobei ... inzwischen vielleicht. Mit Nekroboy bin ich gerade wieder in Kontakt. Der derzeitige Plan ist eine gemeinsame Stonerband in der er singen soll. Den Namen verrate ich hier mal extra nicht. Am Ende wird daraus 'ne Bluesband. Oder gar nichts. Zur Zeit hat Nekroboy nämlich einiges um die Ohren mit seiner Gruppe Serpent Eater, bei der auch Leute von Hammerhead mitmachen. Das Rockkarussell dreht also mal wieder komplett durch. Kein Wunder, dass man da ganz durcheinander kommt.


Wenn man sich die Mädchendreck-Texte anschaut, gehen die schon in die Richtung, die man von ehemaligen JaKa-Angestellten erwartet. Ich zitier nur kurz aus "Der Müll": "Die Märkte bestimmen die Politik. Die Kinder werden unendlich dick." Black Metal ist bei euch also nur ein Trägermedium, das den Ton vorgibt, aber nicht die Texte beeinflusst. Harte satanische Weisheiten muss man von euch nicht erwarten. Wenn man sich das Artwork zu "Friendly Fire" anschaut, ist das auch weniger Black Metal, als vielmehr Deathgrind. Ein freundlich, glückliches Pärchen, welches mit einem freundlich, glücklichen Armeehubschrauber spazieren geht. Wenngleich der Spaziergang dann wohl doch nicht so amüsant endet, wie man erwarten könnte.

Fotsirhc: Du hast recht. Das Satanische kommt etwas zu kurz bei Mädchendreck. Dafür hätte ich zum Textesammeln in den Wald gehen müssen. Und dazu hatte ich einfach keinen Bock.


Im Wald findet man doch nur Nüsse und Tannenzapfen. Kann man daraus denn einen Text machen? Wenn ja, müsste man den dann auch unverständlich singen? Du hattest vorhin einen Streit mit Sualk zu JaKa-Zeiten erwähnt. Erzähl mal etwas über diese schwelenden Diskrepanzen und welchem glücklichen Umstand es zu verdanken ist, dass diese mit Mädchendreck nun der Vergangenheit angehören.

Fotsirhc: Sualk und ich leben in ganz verschiedenen, sich nur selten überschneidenden Zeitfenstern. Ich bin als hyperaktiver Lerchenmensch sozusagen das blanke Gegenteil von ihm. Dass das Gegenteil aber auch Vorteile bietet, welche den durchs Leben hechtenden Lerchen entgehen, musste ich erst mühsam lernen. Ich versuche also weniger zu drängeln. Sualks Antwort darauf ist eine Reduktion der durch Drängelei hervorgerufenen Trotzreaktion. Du merkst schon, dies ist ein etwas komplexeres Thema. Es komplett auszuführen würde den Rahmen dieses Interviews sprengen.


Du hast ihn also zu sehr gestresst und er hat daraufhin erst recht nichts gemacht. Aber jetzt hat es ja funktioniert und ein Album wurde geboren. Ein erster Schritt, der sehr erfreulich, aber doch sicher auch ausbaufähig ist. Wird es Mädchendreck demnächst unter Umständen auch in anderer als in Unterwäscheform auf der Bühne zu sehen geben? Mal ein richtig räudiger Zwei-Mann-Gig wäre doch auch was kettensprengendes, oder?

Fotsirhc: Zunächst genießen wir jetzt erstmal das Nicht-Müssen. JaKa war durch den immer größeren Erfolg am Ende dermaßen verpflichtend geworden, dass es für so konträre Persönlichkeiten wie Sualk und mich unerträglich war. Mit Mädchendreck ist es wie 1997/98, als wir JaKa gründeten. Damals standen Liveauftritte gar nicht zur Debatte. Wie sich die Dinge bei Mädchendreck entwickeln werden, wird man sehen. Sie sollen sich aber selbständig entwickeln dürfen! Wie damals gilt: Kein Plan, Kein Endziel. Einfach sehen, was passiert. Übrigens finde ich es interessant, dass du bei "Friendly Fire" trotz der nur 12 Minuten Spielzeit von einem Album sprichst! In der Tat besteht eine weitere Parallele zu alten JaKa neben den textlichen Inhalten und dem Coverartwork, in der musikalischen Buntheit, welche die geringe Spielzeit auf eine gefühlt mindestens doppelt so große anwachsen lässt.


Wenn man genau ist, müsste man von einer EP sprechen, da hast du recht. Aber mein nachlässiger Sprachstil hat diesen Punkt einfach lapidar abgetan. Du spricht vom Nicht-Müssen. Bringt das Nicht-Müssen denn aber nicht auch ein Alles-Können mit sich? Wie wichtig ist es dir eigentlich, unundeux zu haben, wo du im Grunde machen, spielen und veröffentlichen kannst, was du willst. Denkst du, du würdest heute (Post-Jakanisch) ähnlich viel und vor allem ähnlich vielseitige Musik machen, wenn du es nicht irgendwie auch verarbeiten, sprich veröffentlichen könntest?

Fotsirhc: unundeux hat sich aus JaKa ergeben. Das Nicht-Müssen-Wollen hat zu einem Alles-Können geführt. Auch dies ist natürlich nichts, was man hätte planen können. Als wir unundeux gründeten, war eine JaKa-Auflösung noch kein Thema. Ebenfalls nicht vorauszusehen war, dass das Label einmal für so viele andere Bands interessant sein könnte. Dies wiederum findet seine Ursache vor allem in dem „A Tribute To Japanische Kampfhörspiele“-Album, befinden sich doch auf unserem Label ausschließlich Bands, die zunächst für dieses Cover-Versionen beigesteuert hatten. Dass diese Bands nicht unwichtig sind für das post-jakanische Überleben des Labels, ist Tatsache. Wir sind diesen Bands deswegen extrem dankbar dafür, dass sie nicht zu irgendwelchen langweiligen Majors gegangen sind, wo man sie nur abgezockt hätte, sondern über unundeux veröffentlichen, wo keine Seite was verdient, man zusammen aber viel Spaß haben kann. Um zurück zu deiner Frage zu kommen: Ja klar, ohne unundeux käme es zu extremen Kreativitätseinbußen. Wer weiß, was dann passieren würde! Zum Glück verfügt unundeux aber nicht nur über geile Bands, sondern auch über einen die-harten Fankreis, der uns in Zeiten finanzieller Not unterstützt. unundeux ist ein wahr gewordener Traum.



Ein wunderschönes Plädoyer für nicht-profitorientierte Labels, das man eigentlich nur so unterstreichen kann. Kommen wir mal wieder zurück zum Kern der Sache, also dem juvenilen weiblichen Unrat. Du sagtest, dass die Spuren eigentlich für ein Projekt mit Rob waren. Sind für Mädchendreck gar keine spezifischen Drum-Tracks entstanden oder hast du die bestehenden dann nochmal umgebaut?

Fotsirhc: Ein bisschen umgebaut wird bei der Arbeitsweise immer, wenn die Gitarren dazu kommen. Es sind aber die in der Schublade vergessenen, ursprünglich für Rob gedacht gewesenen Tracks. Dass hier was in den Müll fliegt, kommt selten vor.


Dann verfolgt ihr aber doch schon einen sehr ungewöhnlichen Songwriting-Prozess. Die meisten Bands, die ich kenne, schreiben erst Gitarren-Riffs und dann hat der Drummer zu arbeiten. Hat sich der "Erst-Drum-Dann-Gitarre"-Weg bei euch etabliert, oder kann das auch mal wechseln?

Fotsirhc: JaKa haben diesen Weg erfunden irgendwann. Seitdem bleiben sie ihm treu. Auch posthum in Form von Splittergruppen und -projekten.


Das stelle ich mir ziemlich anstrengend vor. Aber bisher hat es ja gut geklappt. Wie denkt man sich ohne Gitarre denn Drumspuren für Black Metal aus? Was leitet dich, wenn du Drumspuren aufnimmst und wie viel hast du denn noch in petto?

Fotsirhc: In petto habe ich noch 1h 15min. Man denkt sich gar nichts aus, sondern macht einfach. Für Rummelsnuff ist dabei neulich auch noch ein Track abgefallen, über den Sualk eben zwei kaputte Riffs gehupt hat. Rummelsnuff macht dann noch Vocals und Geräusche dazu. Dann kommt das Ding auf seine neue Platte.


Rummelsnuff ist großartig! Welchen Stil wird der Song denn ungefähr haben? Den Mann konnte ich letztes Jahr in Dresden sehen, mehr als lohnenswert. Einer der wenigen wichtigen deutschen Musiker, und das meine ich ernst! Im Grunde ein Lyriker des gemeinen Arbeiters und ein musikalisches Phänomen. Gibt es viel Zusammenarbeit mit Rummelsnuff, seit er für JaKa "Minderleister" gecovert hat?

Fotsirhc: Das Stück ist ein Haufen Metallschrott, aus dem der Käptn den Song "Yokozuna" machen wird. Vielleicht eine Verneigung vor gleichnamigem Catcher (Anm. d. Red.: Samoanischer Wrestler - Rodney Agatupu Anoa'i). Also, das vermute ich jedenfalls. "Minderleister" soll wohl die B-Seite der zuvor erscheinenden neuen Rummelsnuff-Single werden.


Hörst du persönlich auch Rummelsnuff und wenn ja, was wäre deine 5-Sterne Rummelsnuff-Playlist? Mädchendreck covern Rummelsnuff, wäre das nicht auch eine Idee?

Fotsirhc: Ich gucke auch viel Rummelsnuff. Mein Favorit ist immer noch der Klassiker "Halt durch!". Eine Playlist kann und will ich hier nicht nennen, weil Rummelsnuff mehr ist als nur Musik. Mädchendreck können Rummelsnuff nicht covern. Zu viel Muskelmasse.


"Halt Durch!" ist schon eine gute Wahl. Du bist ja nun schon seit geraumer Zeit Familienvater und biederer Hausmann. Hat sich deine Sicht auf die und dein Leben in der Metalszene dadurch geändert? Gerade Konzert- und Festivalbesuche werden dann doch eher rar, oder?

Fotsirhc: Ja. Das hat aber nichts mit dem Familiending zu tun, sondern eher damit, dass ich derzeit in keiner Band spiele, die auch auftritt. Auf Konzerten war ich eigentlich auch zuvor nur dann, wenn ich dort selbst spielte. Mir fehlt das Spielen nicht unbedingt. Produzieren macht viel mehr Laune.


Achtung! Kurfragen-Runde:


- Katze oder Hund?

Fotsirhc: Schwein

- Wein oder Bier?

Fotsirhc: Bein

- Windel oder Toilettengang?

Fotsirhc: Nein


Da das sehr erfolgreich war, können wir uns jetzt wieder längeren Fragen zuwenden. Mit Mädchendreck betretet ihr musikalisch nicht gerade unerschlossenes Land. Was für Black Metal-Kombos hört ihr persönlich und welcher Gruppe seht ihr euch persönlich am nächsten?

Fotsirhc: Ich höre gerne Immortal, Marduk und alte Cradle of Filth. Ja, ich weiß, dass Letztere den guten alten Black Metal verraten haben. Mir aber egal. Ich habe kein Problem mit Pop. Ansonsten finde ich durchaus, dass Mädchendreck einige Schritte weitergehen. Immerhin handelt es sich um deutschsprachigen, sozialkritischen Groove-Black Metal mit Voivod-Einschlag. Nicht bei allen Stücken, aber bei einigen.



Immortal muss man ja, nebst der Tatsache, dass die Norweger schon seit '91 ein fettes Riff nach dem anderen rausballern, allein dafür lieben, dass sie es geschafft haben mit einer gesunden Selbstironie an sich und ihre Musik zu gehen. Kein Teufel, kein Hass, nur Blashyrkh, Epik und Kälte. Sicher auch ein Weg, der für Mädchendreck nicht ganz uninteressant ist, könnte ich mir vorstellen. Du erwähnst aber die Kanadier Voivod, die sich ja durch eine sehr große Genre-Spannweite und dezente Punk-Ausflüge auszeichnen. Ist es quasi die Freiheit zur musikalischen Progression, die euch antreibt? Es wird ja nicht nur der Do-It-Yourself-Aspekt sein, dass Drummer Michel Langevin seine Cover immer selbst zeichnet; ob das nun gut oder schlecht ist, lass ich mal offen.

Fotsirhc: Sualk ist großer Voivod-Fan. Sein Gitarrenspiel erinnert deswegen ab und zu an diese Band. Also mich jedenfalls.


Wie wichtig ist dir als alter Grind-Pop-Hase eigentlich Equipment? Hauptsache da ist ein Fell drauf, das trigger ich mir schon zurecht, oder doch mal lieber Geld in die Hand nehmen und ein ordentliches Akustik-Set kaufen? Gibt es im Grind-Bereich eigentlich Endorsement-Deals?

Fotsirhc: Ich hoffe nicht! Wobei ich mir das durchaus vorstellen kann. Wir jedenfalls haben keine Endorsement-Deals, weil wir uns einfach nicht drum kümmern. Getriggert wird bei uns auch nichts. Technik spielt jedenfalls für mich persönlich eine ganz untergeordnete Rolle. Ich will immer schnell raushauen und kann so keine Rücksicht darauf nehmen, in welchem Zustand das Equipment sich gerade befindet, wenn ich Ideen habe. Oft genug sind die Felle vollkommen durch. Aber ist das bei Metal nicht total egal? Und ist Originalität nicht viel wichtiger als soundmäßig mit allen anderen auf einem Level zu sein?


Bis zur 2004er "Hardcore aus der ersten Welt" hattest du immer auch den Gesang fest in der Hand. Danach haben Bony und Freund diesen Posten übernommen. Jetzt, wo du wieder in kleinerem Line-Up arbeitest mit Hoff (Das Oldschoolformat der Zukunft) und bei Mädchendreck mit Sualk, kannst du diese Aufgabe wieder übernehmen. Hat dir das Singen auf den letzten JaKa-Platten gefehlt und könntest du dir vorstellen, in einer Band nur den Gesang zu übernehmen?

Fotsirhc: Auch bei JaKa habe ich nach 2004 noch einige Male die Vocals übernommen. Einfach, weil ich die Gesangslinien schon lange bevor wir ins Studio gingen, im Kopf hatte - und im Studio ist Zeit ja Geld. "Kaputte Nackte Affen" beispielsweise habe ich komplett eingesungen. Das war aber kein Problem, weil bei JaKa Studiomusiker und Livemusiker auch ansonsten nicht immer deckungsgleich waren. Bony hat auf einigen JaKa-Platten zum Beispiel die Gitarren und manchmal auch Bass gespielt. Was zählte, war das Resultat. Dass ich für eine Band bei Aufnahmen nur den Gesang machen würde, kann ich mir vorstellen. Auf der Bühne eher nicht. Da müsste man ja auch Ansagen machen usw. Sowas wäre gar nicht mein Ding.


Du hast ja lange Zeit in genau der Formation mit Sualk auch für JaKa gearbeitet, ich würde euch mal direkt als Gründer und Ideengeber bezeichnen. War es nach der Auseinandersetzung mit euren Differenzen ein sentimentaler Moment, für Mädchendreck nun wieder als Duo agieren zu können?

Fotsirhc: Eigentlich nicht.



Bisher gab es ja für Mädchendreck "wenig" Promotion. Was ist in der Richtung geplant? Wird es Shirts geben oder Videos? Vielleicht auch Socken, Schlüpfer, Eierbecher und iPhone-Hüllen? Dafür muss es doch einen unheimlich riesigen Markt geben.

Fotsirhc: Den Markt für iPhone-Hüllen haben Sex Pistols ja leider schon abgegrast. Ein Video könnte passieren. Aber nicht zu Promozwecken. T-Shirts sind schon gestaltet. Die würden gedruckt werden, wenn wir die Kosten für die Verpackungen wieder drin haben - also auch nicht zu Promozwecken. Promo macht heutzutage nur Sinn, wenn man sie total betreibt. Dafür haben wir aber weder Zeit, noch Lust, noch Geld. Wir wollen machen, was WIR wollen. Damit die paar Leute, die das auch noch gut finden, davon erfahren, dass wir mal wieder was gemacht haben, dafür reicht dieses Minimum an Promo, welches wir machen.


Aber einen Mädchendreck-Hodenwärmer möchte ich schon kaufen können, sonst lohnt sich ja das ganze Fan-Dasein nicht. Geht es euch eigentlich auf den Keks, dass vermutlich in jedem Interview irgendwie auch wieder auf JaKa referiert wird?

Fotsirhc: Nö. Das war ja halt schon 'ne geile Band. Ich selbst hatte nie das Gefühl, dass wir den Status, den JaKa zu Lebzeiten inne hatte, verdient hätten. Dass JaKa tatsächlich mehr war als bloß eine Demoband, die stets den Weg des leichtesten Widerstands ging, habe ich erst dadurch gemerkt, dass sich mit ihr auch nach ihrem Ableben noch Geld verdienen ließ. Irgendwann mussten wir dem selbst einen Riegel vorschieben. Dieser sich endlos hinziehende Ausverkauf war ja irgendwann schon peinlich. Und Nachruhm ist meiner Meinung nach was für Leute, die alles erledigt haben und fertig sind.



Es hatte so den Anschein, dass ihr von vermeintlichen Fan-Anstürmen genervt gewesen seid und deswegen die unundeux-Newsletter-Initiative gestartet habt, um die Spreu vom Weizen zu trennen. Aber vielleicht habe ich das auch überinterpretiert. Jetzt mit Mädchendreck stehen euch ja wieder alle Türen offen, neue Fans zu akquirieren. Die EP gibt das in jedem Falle her. Geistern dir noch wichtige Sachen durch den Kopf, die du zu Mädchendreck, unundeux oder zu deiner Person unbedingt loswerden möchtest?

Fotsirhc: Da wüsste ich jetzt nichts. Wir machen planlos weiter drauf los. Wenn es mal nervt, einfach abschalten.


Obacht, Kurzfragenrunde #2:


- Bikini oder Rock?

Fotsirhc: Bock

- Splatter oder Porno?

Fotsirhc: Wok

- Biofleisch oder zerhackte Kuh im Pappeinband?

Fotsirhc: Dog


Jetzt bleibt mir nur noch, dir viel Erfolg mit Mädchendreck und eurem nicht-satanisch, dennoch düster-umtriebigen Weg zu wünschen. Mit der einen Empfehlung, ab jetzt, wenn dich jemand nach der Uhrzeit fragt und es 13:49 Uhr ist, immer laut "!BLACK METAL!" zu rufen. Denn das gehört in der Szene zum guten Ton. Am besten auch, wenn keiner fragt! Vielen Dank für das erhellende Interview und allzeit gute Fahrt.

Fotsirhc: Pest oder was? Und ich dachte, dieses Spiel wird immer um sechs nach sieben gespielt. Dir auch alles Gute und Danke für soviel Interesse!