Achja, die Feiertage. Endlich wieder mit den Liebsten vereint. Für Speis’ und Trank ist gesorgt, es gibt Geschenke und alle sind gut drauf. Um den geneigten Leser jetzt nicht weiter zu verwirren: gemeint ist nicht Weihnachten, sondern das Party.San in Schlotheim. Dieses jährte sich nun bereits zum 20. Mal und neben Flunkyball-Turnieren und nächtlichen Dance-Flashmobs zu Klängen von Scooter und Blümchen gab es auch in diesem Jahr wieder einige sehr gute Bands aus den extremeren Metalgefilden zu sehen. Vorerst stand jedoch der obligatorische Mittwochabend mit ersten Festivalgehversuchen an.
[Forest]
Mittwoch:
Heißt: Bier, Metaldisco und zwei besoffene Schweden, die natürlich kurzum den Festivaltisch demolierten. Eine Sauerei! Trotzdem verlief dieser erste Abend gewohnt friedlich, abgesehen von zwei, drei Disco-Truffies, die scheinbar beschlossen hatten, bereits vor der ersten Band alle mitgebrachten Alkoholika zu leeren, um dann, nach kurzen Prügelein, in den folgenden Tagen ganz klar und fokussiert das Festival zu genießen. Auch eine Methode.
Donnerstag:
Was zur…? Tatsächlich! Neben uns wohnt eine Katze. Und ich meine hierbei weder
eine Reinkarnation von Dennis Avner, noch den Drummer von Kiss. Nein, eine echte, lebendige und unheimlich flauschige, total süße… fuck, das ist ja ein Metal-Bericht. Jedenfalls, war da ‘ne Katze. Ganz nett… Verdammt, war die flauschig! Aber sind wir mal ehrlich, auch harte Black Metaller werden schwach, wenn eine norwegische Wildkatze neben ihnen zeltet. Zumal es wohl keinen besseren Pussy-Catcher gibt, als diese Puss…
Egal, es war sowieso nicht unsere und alle hübschen Frauen landeten beim geschätzt erst 15-jährigen Nachbarn. Naja, so sind sie wenigstens in Blickweite und man muss den Hals für ein paar Spandexhintern nicht so verdrehen. Aber vielen Dank für den Tipp. Wo bekomme ich so eine Katze her?
[Win]
Während der Kollege gedankenverloren mit der Nachbarskatze über die Wiese tollte, bereiteten sich die Hundeliebhaber, die niemals ein Tier (außer sich selbst) mit auf ein Festival nehmen würden, darauf vor, ihrer Pflicht als angeheuerte Idioten nachzukommen:
[Fur]
Necrowretch
Necrowretch aus Frankreich wurde die Ehre zuteil, den diesjährigen Reigen von menschenverachtender Untergrundmusik zu eröffnen. Mit angeschwärzt-oldschooligem Death Metal ein sehr gelungener Opener. Die Band hat sich schon einen gewissen Bekanntheitsgrad erspielt und spätestens als dann als letzter Titel "Zombie Ritual" von Death ertönte, waren nur zufriedene Gesichter zu sehen.
God Macabre
Von den bereits eingangs erwähnten Schweden wurden dem unkundigen Redakteur God Macabre als eine Perle frühesten schwedischen Death Metals ans Herz gelegt. Und dann tatsächlich für überraschend gut dahin rumpelnd befunden. Man kann ja auch nicht immer alles auf dem Schirm haben.
[Forest]
Skeletonwitch
Skeletonwitch erwischen einen aber auch echt jedes Mal. Da steht man vor der Bühne in dem Glauben, zu wissen, was passiert und trotzdem sind die Amis noch viel krasser unterwegs als in den kühnsten Träumen. Ein schneller Song (gerne live auch nochmal schneller) jagt den nächsten schnellen Song. Die Energie der Alben in Aktion zu erleben ist immer wieder ein Genuss. Egal zu welcher Uhrzeit und egal in welcher Verfassung: Skeletonwitch sind eine absolute Live-Macht.
Atlantean Kodex
Eigentlich wollte man bei Atlantean Kodex noch mal vor dem Soundturm kurz reinhören, um sich zumindest ansatzweise eine Meinung bilden zu können. Dann reichten aber doch die 2 Songs im Fotograben für die Einsicht, dass man ja nicht zu allem immer eine Meinung haben muss. Aber das ist ja im Prinzip auch nur eine Meinung von vielen.
Grave
Teilnahmslos sitzt Ola Lindgren, Frontmann von Grave, nach dem Auftritt im Backstage-Bereich und nuckelt an seinem Bier. Schweigend beobachtet er das Treiben um sich herum und lässt sich beim direkten Ansprechen nur einsilbige Antworten entlocken. Ob er gemerkt hat, dass sein oldschooliger Schwedenhammer heute ab und an mal daneben gehauen hat? Vielleicht überlegt der immer dünner werdende Frontmann auch einfach nur, ob es das alles noch wert ist. Auf jeden Fall waren Grave zwar heute gewohnt fett, überzeugten aber eher durch Sound und Songs, als durch sauberes Spiel.
[Fur]
Entombed A.D.
Was für eine Schweden-Übermacht an diesem Donnerstag. Mit den Newcomern Entombed A.D. stand bereits die dritte der vier Schweden-Kombos des Tages auf der Bühne. Die frisch gebackende Entombed-Coverband spielte zwar mit “Pandemic Rage” auch einen eigenen Song, besann sich aber hauptsächlich darauf, der Menge das zu bieten, wofür diese ihren schattigen Sitzplatz am Zelt verlassen hatte: Entombed. Klassiker wie “Revel In Flesh”, “Left Hand Path” und “Supposed To Rot” erklangen und hinterließen fröhliche Gesichter und die Entombed-Klone hatten sichtlich Spaß. Genau so muss eine Cover-Band klingen.
[Win]
Sólstafir
Es ist schon interessant, welche Entwicklung die vier Isländer genommen haben. 2009 durfte ich sie – inmitten einer sehr überschaubaren Zuschauermenge und in feinster Mittagssonne – das erste Mal auf dem Party.San bestaunen, habe sie dann in den folgenden Jahren auch auf den kleinsten Bühnen mit kaputter Technik bejubelt und nun, fünf Jahre später, bespielen sie das PSOA als Co-Headliner. Wohlgemerkt mit Feuershow! Der Songlänge geschuldet, konnten sie dann trotzdem nur vier Lieder zum Besten geben – „überraschenderweise“ waren dies “Ljos I Stormi”, “Otta”, “Fjara” und zum Abschluss “Goddess of the Ages”. So sehr ich mir mehr Abwechslung im Live-Repertoire der Jungs wünsche, ihre Show hat mich und gefühlt auch einen Großteil der anderen Besucher, mal wieder beglückt, verzaubert, zum Weinen gebracht… Über ein, zwei kleine unsauber gespielte Übergänge habe ich dann auch gern hinweg gesehen.
[Wed]
Watain
Watain glänzten mit diabolischer Atmosphäre dank in Flammen stehendem Bühnenbild und einer wie immer überzeugenden Show. Geschmacksache ist aber, dass sich die Band in ihrem Werdegang immer weiter von wüster, dennoch melodischer Raserei hin zu eher rockigen, gar eingängigen Klängen bewegt hat. Diese Eintwicklung zeigte sich auch in der Setlist, welche den Fokus auf Letzteres legte. So gab es, neben Titeln wie “Stellavore” und “The Wild Hunt”, als persönliche Highlights ‘nur’ "The Devil's Blood" und "Malfeitor".
[Forest]
Das war auf jeden Fall schon mal ein dicker Einstieg ins Party.San. Sólstafir überraschten durch einen unerwartet guten Sound und sauberes Spiel, Watain hatten für Freunde der späteren Periode einiges im Gepäck und Wuchtbrummen wie Skeletonwitch und Grave versüßten einem den Nachmittag. Erschreckend, wie schnell dieser Tag wieder vorbei war. Zum Glück stehen zu diesem Zeitpunkt noch zwei weitere Tage an. Wir holen uns mal die Katze und gehen ordentlich feiern.
Freitag:
Morgenstund’ hat ziemlich Druck auf der Blase und ist damit nicht allein. Gut, dass man schon auf das Gelände kann und die freie Urinierauswahl hat. Nur eigentümlich, dass die freundliche Security-Frau so impertinent grinst. Hatte man sich noch zum Dödel gemacht? Oder sieht man einfach nur fertig aus? Kann mich nicht erinnern, was außerordentlich Blödes gemacht zu haben. Außerdem gibt es wichtigeres. Nur noch wenige Stunden, bis Jig-Ai ihren Einstand geben.
Jig-Ai
Noch nicht einmal begonnen, ertönen schon zahlreiche “Zugabe”-Rufe. Sind wir zu spät zu Jig-Ai gekommen? Egal, die spielen schon noch einen! Oder haben die noch gar keinen gespielt? Jedenfalls wuselt alles wild auf der Bühne umher und plötzlich wird klar, dass Jig-Ai anscheinend Probleme mit der Soundanlage haben, da diese nach drei Tönen jedesmal aussetzt. Nach einigen Minuten hatte man das Problem aber gelöst und die Prager konnten ihren rumpligen Grindcore losdreschen lassen. Die Menge nahm ihn gut an, was Gitarrist “Brain” (welch unpassender Name) mit diversen Grimassen huldigte und dabei wie angestochen über die Bühne hüpfte. Eigentlich ganz nett, muss man zugeben.
Havok
Havok - waren das nicht die mit der Ansage, dass der Moshpit kein Dojo ist? Waren sie und damit liegen sie auch ganz richtig. Zum Glück immer noch eine Ausnahme auf dem Party.San, kämpften sich bei Havok einige Jungs in Rage, was Fronter David Sanchez schnell zu unterbinden wusste. Karate-Moves zu Thrash Metal? Das geht doch nicht! Und um diese Uhrzeit will man auch einfach in Ruhe schauen, was die vier Jungs aus Denver so auf dem Kasten haben. Denn das konnte sich durchaus hören lassen.
Lost Society
Die finnischen Jungspunde Lost Society sind eine der neueren Nuclear Blast-Entdeckungen. Eigentlich schon der erste Grund, sich angewidert abzuwenden, doch jeder hat eine Chance verdient und zum Fotografieren muss man ja sowieso vor. Was man zu hören bekam, war dann fast schon eine Mischung aus Thrash und Skatepunk, den die Kiddos mit erstaunlichem Wumms auf die Bühne brachten. Für so einen sonnigen Vormittag auf dem Feld nicht schlecht, doch ohne Langlaufpotential.
[Win]
Ahab
Ahab-Frontmann Daniel Droste gehört eher zur ruhigen Sorte, Rockstar-Allüren scheinen dem Freibeuter fremd zu sein, egal wie stark die Popularität der Band noch wächst. Das scheint auch prinzipiell eine gute Einstellung zu sein, wenn man so wie heute zur frühen Stunde in die pralle Sonne geschickt wird. Hier und heute fehlte den Party.San-Machern definitiv der Mut, die wohl beste deutsche Funeral Doom Band eine spätere Uhrzeit einzuräumen, was Ahab aber nicht daran hinderte, ein dickes Doom-Brett aufzufahren. Ein bisschen Kritik muss jedoch geäußert werden: Stimmlich war Droste heute nicht auf der Höhe, fing die klaren Gesangspassagen der Songs von “The Giant” fast immer in der falschen Lage an und hatte Probleme, das wieder zu korrigieren. Darüber kann ich hinweg sehen, denn die Songs funktionierten auch so. Den Klassiker “The Hunt” aber auch mit klarem Gesang statt fiesem Gegrowle anzufangen, war definitiv die falsche Entscheidung. Das “Wölfe”-Cover der aufgelösten Omega Massif war dagegen die positive musikalische Überraschung des Auftritts, vielleicht sogar des ganzen Tages.
Inquisition
Zwei Männer die Black Metal machen: Was mit knappen Worten schnell umrissen ist, entpuppt sich bei Inquisition live als eine beeindruckend fiese Macht. Sobald das hakende CD-Intro überstanden ist. Wie schon bei Ahab, hätte man diesem Auftritt zu späterer Stunde vielleicht noch mehr Wucht verleihen können. Aber die beiden kolumbianische Amerikaner machten das Beste aus ihrer Situation und sollten eigentlich alle Anwesenden überzeugt haben.
Aborted
Bei Aborted denkt niemand ans Abbrechen. Seit ‘95 sind die Jungs immer wieder beständig mit neuen Scheiben am Start und werden auch live nicht müde so hart zu ballern, als wäre was schlimmes passiert. So wirklich packen wollte mich das Ganze aber nicht. Liegt aber wohl an der persönlichen Präferenz, denn Aborted müssen sich nichts vorwerfen lassen.
[Fur]
In der Zeltbühne aufzutreten hat einen Vorteil, selbst am Tag ist es dort bereits schön düster. Dazu passende Lichteffekte und ein wenig Nebel, so dass man nur noch die Umrisse der Protagnisten erkennen kann, da kann eigentlich nur der Fotograf ob erschwerter Bedingungen meckern.
[Forest]
Incarceration
Bis auf “Forsaken and Forgotten”, “Sacrifice” und “Cementery of Lies” kenne ich eigentlich nichts von Incarceration, den brasilianischen Hamburgern. Mag auch daran liegen, dass sie nicht sehr viel mehr haben, damit aber ordentlich Eindruck schinden konnten. Eine 10-minütige EP mit drei fiesen Old School-Death-Teilen reichte aus, um das Trio im Untergrundtsunami ganz nach oben zu spülen. Und die Welle riss auch einige Fans mit, denn die Schweißbude war gerammelt voll und auf gefühlte 40°C aufgeheizt. Piano war dadurch aber keineswegs angesagt, eher fortissimo und immer auf die Zwölf. Das klappt sicher auch auf der Hauptbühne und ich wäre nicht überrascht, wenn das in den nächsten Jahren auch bald so kommt.
[Win]
Hm, Benediction... Was hatte der Kollege denn zu ihrem In Flammen-Auftritt einen Monat früher geschrieben: “Ich warte lieber drauf, dass Dave Hunt wieder mal mit Anaal Nathrakh unterwegs ist.” Hm, stimmt immer noch.
[Fur]
Rogash
Mit “Supremacy Undone” haben Rogash in diesem Jahr ihr erstes Full-Length veröffentlicht und sich direkt einen Slot im Party.San-Zelt gesichert. Respekt. Klugerweise hatten sich die Jenaer auch gleich eine gute Handvoll Fans mitgebracht, die in der ersten Reihe für gute Stimmung sorgten. Nicht ganz unberechtigt, denn der Death Metal des Fünfers geht ordentlich nach vorn und der ausgemachte Publikumsliebling Erik hatte ausreichend Brüllaffen-Gene, um für eine standesgemäße Intonierung zu sorgen. Alles in allem ein gediegenes Set, das jedem Death-süchtigen Langhaar-Alkoholiker eine wohlige Heimat bot.
[Win]
Misery Index
Also irgendwie hatte ich Misery Index anders in Erinnerung. Das war doch mal so Dying Fetus Death Grind, oder? Irgendwie wirkten die Jungs heute rotziger und hardcoriger. So in die Aborted-Richtung. Auch nicht verkehrt, aber irgendwie wollten heute selbst Kracher wie “Traitors” nicht zünden. Aber bevor wir die geilen Spinner beleidigen, geben wir lieber uns selber die Schuld, dass wir (noch) nicht in Pöbelstimmung waren.
[Fur]
Spheron
Au Weia, was ist denn da los? Bei Spheron ist irgendwie der Wurm im Gesang, denn Bassist Matthias Minor muss diesen, nach dem Ausfall von Sänger Daniel Spoor, heute selbst übernehmen. Dabei hat der Mann am Bass genug zu tun und nein, ein Gesangstalent ist der Lockenkopf wirklich nicht. Aber was solls, die Musik geht ansonsten gut ins Ohr und bietet feinsten Technical Death Metal, der kluges Songwriting aufweist, immer mit Speed an die Sache geht und mit einigen technischen Spielerein aufwartet. Durchaus hörenswert, wenn nicht immer wieder der schiefe Gesang reingrätschen würde. Vielleicht hätte man aus der Not eine Tugend machen und einfach auf eine Akustik-Show setzen sollen.
Repulsion
Ja, ja. So muss man es gemacht haben. 1989 ein Full-Length auf den Markt geschmissen und danach hauptsächlich gewartet, bis das Party.San anruft, dass es einen als Legende auftreten lassen will. Repulsion haben diesen Schritt geschafft, konnten musikalisch aber nicht wirklich viel bieten. Und nur weil etwas alt ist, ist es noch lange nicht gut. Dann doch lieber wieder Carcass, die haben auch heute noch was drauf.
[Win]
Marduk
Bei Marduk weiß man nie was einen erwartet. Da so viele unterschiedliche Phasen durchlaufen wurden, hängt immer alles von der Setlist ab. Diese war diesmal recht gut gemischt und die Bühnenshow stimmig. Insgesamt ein durchaus überzeugender Auftritt, am Ende sogar abwechslungsreicher, als erwartet. Neben “502” und “Serpent Sermon”, bestach vor allem das aggressive "Christ Raping Black Metal" der “Panzer Division Marduk”, sowie der als letzter Titel ertönende Klassiker "Those of the Unlight". Kann man machen.
Satyricon
Beim zweiten Headliner des Abends, Satyricon, war im Programmheft etwas von "...vor allem weibliche Fans..." zu lesen. Auch wenn dies durchaus zutrifft, es liest sich doch ein wenig merkwürdig. Man weiß einfach nicht, ob das nun positiv oder abwertend gemeint ist. Das könnte man am Ende auch zu einer Band wie Watain schreiben. Aber sei’s drum, mit Titeln wie dem klirrend kalten "Forhekset" vom Klassiker “Nemesis Divina” oder dem dreckig groovenden "Fuel for Hatred", spielt die Band einen durchweg energiegeladenen Gig, bei welchem "Mother North" am Ende natürlich auch nicht fehlen durfte. Der dabei mitwirkenden Publikumsschar entnommen, dürften dann doch auch einige Herren anwesend und zufrieden gewesen sein.
[Forest]
Was war denn mit Satyr los? So ein freundlicher Mann. Da scheint Mutti nochmal geschimpft zu haben, dass man den Leuten, die einem das Leben finanzieren, auch mal zuvorkommend entgegen treten kann. Schön wars und vor allem sehr motivierend, danach noch das ein oder andere Bier zu kippen und sich, nachdem der Pöbelstrick geschwungen wurde, doch nochmal die Metaldisco zu geben. Immer wieder beeindruckend, wie unersättlich die Metal-Gemeinde ist. Nach drölf Stunden des wuchtigsten Geballers fliegen immer noch die Haare vor der Zeltbühne zu ohrenbetäubender Konservenmucke. Gibts eigentlich schon Festivals, die nur Platten abspielen? Würde auch laufen!
[Win]
Samstag:
Es ist schon zum Ritual geworden: Während der Rest sich unter Schmerzen aus dem unmenschlich warmen Zelt schält (oder mit fremden Mietzen kuschelt), hat man bereits die Trainingshose an und ist bereit, auf der morgendlichen Kafferunde ein paar Rockabilly-Cover alter Klassiker zu hören.
Cashley sind wieder am Start und kredenzen die üblichen Verdächtigen wie “Come As You Are” und “”Stand By Me” gemischt mit Johnny Cash-Klassikern. Die Halle ist trotz der unmenschlichen Uhrzeit gut besucht und reihum ist zustimmendes Mitnicken zu vernehmen.
Nocturnal
Der Bruch hätte kaum größer sein können, als Nocturnal pünktlich um 12 Uhr mittags die Stimmung auf Black/Thrash kippen ließen. Nifelheim in jung quasi. Mit weniger Nieten aber noch mehr Speed. Und hübscher waren die Bespandexten auch. Mal sehen, wie lange die Frontfrau noch so lässig in die Kopfstimme kommt. Bis dahin wird man mit dem gut gekleideten Haufen aber auf jeden Fall noch eine Menge Spaß haben. Perfekter Soundtrack um sich den zweiten Becher Kaffee zu holen.
[Fur]
Protector
Ich weiß noch als wäre es gestern gewesen, wie Protector sich auf dem sechsten und leider letzten Way of Darkness wieder mit Sänger Martin Missy zusammentaten, alle total aus dem Häuschen waren und es mir damals schon herzlich egal war. Drei Jahre später sind alle wieder ganz dicke Freunde, nennen sich erneut Protector und sind meines Erachtens gleichbleibend unspannend. Der deutsch-schwedische Hybrid versteht sich zwar darauf, gediegende Heavy Metal-Riffs zu verteilen, hat aber nicht mehr als nostalgischen Wert zu bieten. Irgendwie gar nicht mein Fall.
[Win]
Imperium Dekadenz
Imperium Dekadenz hatten die Freude, ihre großartige Musik bei Sonnenschein und starkem Wind zu präsentieren und mussten entsprechend mit schlechtem Sound kämpfen. Nicht ganz optimale Rahmenbedingungen also, zumal – wie Kollege Winterfreud richtig bemerkte – diese Art von Mid-Tempo Black Metal erst in entsprechend düsterer Atmosphäre zur Wirkung kommt. Trotzdem legten sich die Schwarzwälder ordentlich ins Zeug und konnten durchaus überzeugen. Songs wie “Dolch im Gewand” und “Reich der fahlen Seelen” funktionieren halt immer.
Kampfar
Trotz ähnlicher Probleme lieferten auch Kampfar eine energiegeladene und packende Show. Sie prügelten sich durch einen bunten Mix aus den letzten 20 Jahren Bandgeschichte und boten mit “Valdogg”, “Vettekult” und “Ravenheart” einige Glanzstücke ihrer Karriere. Dolk schien gut gelaunt, animierte das Publikum unermüdlich, bedankte sich artig und trat zum Schluss als schwarzer Priester auf die Bühne. Nun ja, kann man machen, wobei die musikalische Darbietung eigentlich für sich stand.
[Wed]
Abyssous
Meine Fresse, sind die fett. Und ich kenne die nicht? Dabei kommen Abyssous angeblich aus Chemnitz, was mir bisher (leider) total entgangen ist. Das Trio knüppelt wunderbar okkulten Death Metal und wuchtet dabei eine Schwarte aufs Parkett, dass einem die Schweineohren wackeln. Im Graben hat es einem geradewegs die Eingeweide zusammengedrückt, als die Double-Bass frenetisch nach vorn ballerte. Eine richtige Überraschung - Hier sollte man am Ball bleiben!
Malevolent Creation
Malevolent Creation haben zwar seit einiger Zeit keine neue Musik mehr auf den Markt gebracht, können aber von unzähligen Veröffentlichungen in den 90ern zehren, was an diesem Abend auch der Plan zu sein schien. Von “The Ten Commendments” (“Malevolent Creation, “Multiple Stab Wounds”) über “Retribution” (“Coronation of Our Domain”) bis hin zu ”Eternal” (“Blood Brothers”), ”The Fine Art of Murder” (“Manic Demise”), “Envenomed” (“Homicidal Rant”) und “Invidious Dominion” (“Slaughter House”), war alles dabei. 27 Jahre Malevolent Creation in einem Gig und das immer noch mit der selben Wucht wie ‘91. So macht Death Metal richtig Spaß!
Arroganz
Die Black Metaller Arroganz sind im sächsisch-thüringischem Umkreis schon ordentlich rumgekommen und bringen dieses Jahr mit “Tod & Teufel” bereits ihre dritte Platte raus. Jetzt durfte man diese feurige Untergrund-Wut endlich mal auf dem Party.San loslassen und natürlich hatte man neben diversen Schädeln, Kerzen, leeren Schnapsflaschen, eigenen Jagdkoffern und viel Blut auch neue Songs im Gepäck. Eröffnet wurde die infernale Messe nach einem stimmungsvollen Intro jedoch erstmal mit dem “Kaos.Kult.Kreation.”-Klassiker “Blood Ceremony” sowie “Ghost Of The Wolf”. Der Dreier war vom mitgerissenen Publikum sichtlich angeheizt und feuerte weiter aus allen Rohren. Mit “Mankind On Fire” ging man nochmal in die Anfangstage von “Dark and Deathless” zurück, um den diabolischen Reigen mit “Kaos.Kult.Kreation” und dem neuen Brett “Alles” zu beenden. Nach viel zu knappen 25 Minuten war der Spaß leider schon vorbei, Arroganz konnten aber einen ordentlichen Eindruck hinterlassen. Hier sollte man noch einiges erwarten können.
[Win]
Aura Noir
Während sich die meisten Bands ihr bekanntestes Lied für den Schluss aufheben, knallen Aura Noir dem geneigten Publikum vor der Hauptbühne sofort “Black Thrash Attack” ins Gesicht. Die “ugliest band in the world” hat auch bei prallem Sonnenschein Spiellust. Selbst wenn Aggressor immer noch nicht vollends fit ist und dabei sitzen muss und mir entgangen ist, dass Blasphemer sich nicht mehr die Haare färbt und wesentlich gemütlicher aussieht, mit Titeln wie “Sons of Hades” zieht einen die Band wie eh und je ein fieses, schnelles Brett über den Hinterkopf.
[Forest]
Grand Magus
Ahhh endlich, der große Nagus, äh Grand Magus! Meine Aufsichtspersonen waren vom dem schwedischen Trio im Vorhinein nicht zu überzeugen, konnten sich dann aber bei strahlendem Wetter doch kein Tänzchen verkneifen. Fronter JB sah mit langem Resthaar und Backenbart zwar ziemlich alt aus, erwies sich aber stimmgewaltig und sauber wie immer. Zum Glück erkannte er schnell, dass es vor dem erfreulich zahlreichen Publikum keine coolen Ansagen braucht, sondern nur ein Knaller nach dem anderen zünden muss. So war am Ende vom schön gemischten Set noch Platz für “Hammer of the North” in der “kurzen Version” (also Albumlänge ohne 20 mal Extra-Mitgröhl-Part). Einfach gut!
[Fur]
Unlight
Unlight gibt es nun schon seit einiger Zeit, mit jedem Album hat man sich weiter in Richtung orthodoxen Black Metal entwickelt ohne dabei aber den Thrash ganz zu vergessen. Ohne große Ansagen legt die Band sofort los und haut dem sich zahlreich einfindendem Publikum Kracher wie "Death Consecrates With Blood" und "Sulphurblooded", sowie einige Titel vom neuen Album "The Katalyst of the Katharsis" um die Ohren. Der Wunsch nach Zugabe wird mit dem Sodom-Cover “Wachturm” erfüllt. Der Band wäre durchaus ein höherer Bekanntheitsgrad zu wünschen, vielleicht klappt es schon beim nächsten Mal mit auf der Mainstage zu stehen.
[Forest]
Napalm Death
Wo es für den Fotografen auf der Zeltbühne problematisch werden kann, ein schön scharfes Bild zu bekommen, weil es mitunter schon 17:00 Uhr tiefste Nacht ist, wird es mit Napalm Death auf der Bühne auch bei schönstem Sonnenschein beinahe unmöglich. Frontheimer “Barney” Greenway hüpft und rennt, schüttelt den Kopf und kriecht und ist so schnell wieder aus dem Fokusbereich, dass man nur Dauerfeuer geben kann. Und genau damit nähert man sich den Briten aber auch wieder an, denn das Quartett hat es sich ebenso zur Aufgabe gemacht, den Abzug durchweg gedrückt zu halten. Mit ihrem punkigen Grindcore haben sie sich zur Legende gemacht und wenngleich das nicht gerade Feierabend-Musik ist, können einen die Feuerpasten-Könige immer wieder mitreißen.
[Win]
Bölzer
Bölzer ist ja gerade der heiße Scheiss und Frontmann KzR würde auch als Metalhipster (Mipster?) durchgehen, wenn er Dreiecke statt Sonnenräder tätowiert hätte. Bei aller ironischer Distanziertheit: Die 23 Minuten auf der “Aura”-EP sind ein echt fieser Brocken Musik. Dementsprechend gespannt war man, ob das auch auf der Bühne zu zweit funktionieren würde. Die kurze Antwort für alle, die sich nicht mehr ins Zelt quetschen konnten oder wollten: ja.
[Fur]
Kreator
Ist man ein Banause, wenn man nicht wie besinnungslos schreit, weil Kreator mal wieder auf der Bühne stehen? Klar, die Jungs haben ein paar dicke Klassiker, die man immer mal rauskramen kann und mir ist auch bewusst, welche Thrash-Giganten hier vor mir auf der Bühne stehen, doch hätte man sich auch über einen extravaganteren Headliner wie Shining (Nor) gefreut. Nichtsdestotrotz zimmerten die Essener einen ordentlichen Auftritt hin, der von “Pleasure to Kill” über “Endless Pain” hin zu Feuer und Co2-Kanone alles zu bieten hatte. Natürlich wurde auch “Phantom Antichrist” gebracht und hier und da eine Flamme ins Gebälk geschossen. Keine Frage, Kreator gehören zu den ganz Großen. Jetzt reicht es aber auch wieder für ein paar Jahre.
Kreator
Noch schnell ein Bild aus der Menge gemacht und Feierabend. Tradition ist Tradition und nachdem man sich am Nachmittag bereits aus der Einkesselung im Camp befreit hat, kann es nun direkt gen Heimat gehen. Mit einer Träne im Knopfloch und vielen schönen Erinnerungen verlässt man ehrfürchtig das Gelände und versucht so wenig betrunkene Metaller wie möglich mitzunehmen. Unter dem beflaggten Triumphbogen hindurch, hinaus durch die Stadt mit dem Pentagram im Wappen und zurück in das normale Leben. Doch nur ruhig, trauerndes Herz. Im kommenden Jahr ist auch ein Party.San und wie die Erfahrung lehrt, wird auch dieses eine fantastische Hommage an die düsteren Auswüchse dieser gepriesenen Metalkultur, welche es sogar in den Wikipedia-Eintrag Schlotheims geschafft hat. Beschwerden kann es eigentlich keine geben, denn Party.San steht für einwandfreie Organisation, freundliches Personal und gute Stimmung. Wir zählen jetzt schon die Stunden und freuen uns auf 2015. See you next year!
[Win]