Winning
Der April rann mit seinen Klauen erbärmlich schnell durch die Finger und in Windeseile ward es der 29. April 2011; das achte Ragnarök-Festival stand an. Die Fahrt ging dieses Mal nicht nach Rieden/ Kreuth, sondern erneut, wie eigentlich gewohnt, nach Lichtenfels in die sympathische Stadthalle. Die Fahrt in die Oberfränkische Enklave ist dabei immer ein amüsantes Erlebnis, da die Stadt an sich schnell gefunden ist, der Weg zur Stadthalle jedoch immer wieder ein kleines Ratespiel wird; Ausschilderung ist auch anno 2011 nicht die Stärke der Folk-Festivalisten geworden. Gefunden wurde es dennoch und alles restliche verlief unproblematisch. Auch ein Zeltplatz war schnell gefunden, der sehr international zwischen Franzosen, Österreichern und Deutschen lag und noch zum Zentrum etwaiger Bekanntschaften werden sollte. Die erste machte man dann mit den Franzosen, welche derart sicherheitsbewusst waren, dass einem direkt die Platzwärter auf den Hals gejagt wurden, damit eine zehn-zentimeter-weite Verschiebung des Zeltes erwirkt wurde. Nun gut, kein Grund Kopfesröte zu bekommen; die Leinen los, das Zelt versetzt und lang bis zur ersten Musiktruppe war es auch nicht mehr. Und wenngleich es diesmal nur zwei Tage waren, die einem geboten wurden, das Line-Up versprach einiges.[Win]
FREITAG:
Bifröst
Den Anfang machten die Österreicher von Bifröst, welche mit melodischen Folk Metal und treibenden Black-Anleihen auftrumpften. Ein bisschen dauerte es, bis der Bifröst-Schlagzeuger seinen iMac davon überzeugen konnte, das Intro abzuspielen, aber dann ging es gut vorwärts. Erstaunlicherweise wirkte der Auftritt der Österreicher erfreulich räudig und nicht so arg folkig verspielt, wie auf Platte. Das könnte aber auch daran gelegen haben, dass der Sound nicht gerade der beste war. Dennoch eine ordentliche Eröffnung des Festivals.[Fur]
Ignis Fatuu
Im folgenden wurde sich erst einmal eingesungen und das hinter zugezogenen Vorhängen; Ignis Fatuu standen in den Startlöchern, um ihrem genuinen Folk Metal aus heimischen Gefilden zu kredenzen. Die fünfköpfige Bardentruppe lieferte Clearvocals ab, welche musikalisch durch einen weiblich kontrollierten Dudelsack begleitet, etwas nach relativ zeitigen In Extremo oder auch in Ausschnitten Subway To Sally klangen, dabei aber vermehrt im Mid-Tempo Bereich anzusiedeln sind. Der dennoch kraftvolle Klang zog auch eine motivierte Hörerschaft nach sich, die Text-bewusst prägnante Stellen mitzusingen verstand. Obligatorische “Hände hoch“-Sprüche erfüllten dann auch den animatorischen Anspruch an die Spielmänner und -Frauen, was durch Beifall, Tanz und Freude gedankt wurde. Leider wurde der Gesang teilweise sehr stark von Gitarren überlagert, was einigen Passagen etwas die Kraft raubte. Dennoch konnten Ignis Fatuu durch bodenständigen und kraftvollen Folk Metal Boden für sich gewinnen. Die Tracklist gab dabei einen Mix aus beiden Alben her, wobei unter anderem „Wörterschmied“, „Scherenschnitte“, „Wolfszeit“, „Wahre Schönheit“ und „Nordwind“ erklungen.[Win]
Odroerir
Die nun folgenden Odroerir sind auch im Folk-Business anzusiedeln, vermischen ihre musikalischen Auswüchse jedoch mit leichten Death Anleihen. Die sieben Thüringer Mannen und das Weib lieferten dabei eine respektable Show ab, der man das lange Bandbestehen locker abnahm. Auch die Menge feierte die Meute um Menhir ordentlich und ließen Kopf und Glieder kreisen. Saubere Sache ohne Tadel. Gespielt wurde unter anderem: „Heimdall“, „Odroerir“, „Menosgada“
„Des Thors Hammer“ und „Skadis Rache“.[Win]
Bran Barr
Der französische Todesrabe Bran Barr hauchte wider seiner Natur, dem Ragnarök-Publikum neues Leben ein. Die Halle füllte sich, als die Celtic War Machine die Bühne betrat und ein schwarz-angehauchtes Folk-Hybrid-Monster auf die Welt entließ. Dabei ergänzte sich die weibliche Geige so hervorragend mit der kraftvollen Männerstimme und der treibenden Kampfmaschine im Bandhintergrund, dass es nur so ballerte. Dennoch schaffte der Soundmann einen ausdifferenzierten Klang, der alle Instrumente auf gutem Niveau in die Ohren der hungrigen Menge katapultierte. Eine saubere Sache, die keiner Klage Grundlage bot, doch mit den ausstehenden Landeskollegen Alcest stand noch ein unerwartetes Highlight an. Zu hören gab es unterdessen „Celebration - Son of Nuadh Amhach“, „Pride and Malevolence“, „Baas in the Underworld“ und „Journey - The Grand Quest for the Magical Acorn“.[Win]
Alcest
Mit Alcest hatte sich das Ragnarök eine echte Perle ins Programm geholt. Lange verweigerte Frontmann und Bandleader Neige jegliche Auftritte, da er seinem Material die Möglichkeit zur Live-Rezeption absprach. Dass die Franzosen auch beim Publikum mit einiger Spannung erwartet wurden, zeigte bereits der erstaunliche Absatz an Alcest-Shirts, die man bereits vor dem eigentlichen Auftritt auf vielen Torsos erblicken durfte. Alcest erwischten an diesem Tag im Gegensatz zu vielen anderen Bands einen ordentlichen Sound und verzichteten in ihrem Set auf viele der sehr ruhigen Lieder ihrer Diskografie. Stattdessen wurde atmosphärischer Black-Metal präsentiert, der es einem warm ums Herz werden ließ und in seinen besten Momenten an den Auftritt von Wolves in the Throne Room vom letzten Jahr erinnerte.[Fur]
Catamenia
Nach meinem persönlichen Highlight des Festivals war bei Catamenia ein bisschen die Luft raus. Der sehr melodische Folk-Metal der Finnen konnte noch eine größere Menge vor der Bühne versammeln als Alcest. Aber die Band erspielt sich ja bereits seit 1995 beständig neue Fans. Wer Catamenia bis jetzt noch nicht auf dem Schirm hatte, bekam einen guten Querschnitt durch ihr musikalisches Schaffen präsentiert. Anhänger der Band dürften an diesem Auftritt wenig zu meckern gehabt haben.[Fur]
Battlelore
Den Anschluss bildeten die Finnen Battlelore, welche ihren Epic Symphonic Metal mit nach Deutschland gebracht haben und mit ihrer neuen Platte „Doombound“ im Gepäck für ordentlich Antrieb sorgten. Das Bühnenbild war von Verkleidung und weiblicher Präsenz geprägt, die ihre zarte Stimme neben den brummenden guttural Hass ihres Mit-Vocalisten stellte. Die Schöne und das Biest, so schien es jedenfalls gaben sich hier das Mikrophon in die Hand. Die Menge nahm es gut an, die Songs gingen gut von der Hand und hinterließen angenehme Eindrücke. Wenngleich nicht mein Favorit, so hatten die Nordmenschen doch hörbare Musik im Rucksack.[Win]
Helrunar
War natürlich etwas ungünstig, dass Battlelore die Release-Show ihres Albums direkt vor dem Auftritt von Helrunar absolvieren mussten. Nicht nur warten bereits beim Battlelore-Auftritt viele Zuschauer nur sehnsüchtig auf Helrunar, im direkten Vergleich mit den deutschen Black Metallern erwischten die Finnen auch den schlechteren Sound. Helrunar wurden ihrem derzeitigen Status gerecht und bewiesen unter anderem mit „Nebelspinne“, dass sich ihr aktuelles Material hervorragend für die Bühne eignet. Ansonsten gab es Klassiker wie „Älter als das Kreuz“ zu hören aber auch den ein oder anderen Klassiker, z. B. „Ich Bin Die Leere“. Helrunar boten ein gewohnt hochwertigen Auftritt, allerdings ohne irgendwelche Überraschungen.[Fur]
Graveworm
Obacht, ein Highlight! Nach dem 2009er Release „Diabolical Figures“ war man doch gespannt, ob sich die Südtiroler Grabwürmer wieder aus der Metalcore-Manie befreit haben und hier ein deftiges Melodic Black-Brett auf den Weg schicken. Was man endgültig bekam war laut, kraftvoll und drückend; Graveworm hatten die Halle definitiv im Griff. Auch der eher skeptische Kollege musste eingestehen, dass hier kein schlechtes Schwarzmetall aufgetischt wurde; und das wurde es auch nicht. Gespielt wurde quer durch die Diskographie, sogar „Scourge Of Malice“ und „Engraved In Black“ waren dabei, bis hin zur aktuellen Platte, um auf dem Weg auch mal „(N)Utopia“ mitzunehmen und einen Sprung zurück zur „As The Angels Reach The Beauty“ zu leisten. Sehr ausgewogen war es, was die Herren und signora da anboten. Zu bedauern war jedoch der teilweise kratzige und irgendwie bröcklige Klang, der auf arge Soundprobleme hinwies. Ebenfalls problematisch und irgendwie mental bröcklig war der Einfall, eine „Wall Of Death“ in der Halle zu etablieren, was auch vom Großteil der Zuhörerschaft durch Unkenrufe kommentiert wurde. Ergebnis der ganzen Farce war die Tatsache, dass nach Graveworm ein Zettelchen vor der Bühne hing, auf welchem “No Wall Of Death!!!“ zu lesen war; richtig so, auch wenn der Fleshtunnel-Anteil der Besucher sukzessive steigt! Blöde Idee, aber gute Show. Was man zu hören bekam lautet soweit erinnert, wie folgt: „I – The Machine“, „Dreaming Into Reality“, „Beauty Of Malice“, „Forlorn Hope“, „Touch Of Hate“ und „Never Enough“.[Win]
Nun wurde es richtig Old School: Kampfar haben zwar ein neues Album am Start und spielten auch größtenteils Songs von „Mare“, waren aber immer noch „truer“ als so ziemlich alles andere an diesem Wochenende. Ganz groß![Fur]
Enslaved
Fraglich, wer sich nach dem letztjährigen Output nicht darauf gefreut hat. „Axioma Ethica Odini“ ging wie ein Lauffeuer durch die Presse und ist nicht nur unter Depressions-Fetischisten ein Dauerläufer geworden. Wenngleich sich Enslaved schon mit dem 2000er „Madraum: Beyond The Within“ und dem 2004er „Isa“ ein Denkmal gesetzt haben, heute sind sie im psychedelischen Himmel gelandet. Jedenfalls auf Platte, denn auf der Bühne war es eher dunkel und das nicht nur licht-technisch. Wenngleich die Norweger ihre Songs durchaus beherrschen, verliefen die Klangstrukturen weitaus simpler und eintöniger, als es der rotierende Schatz im Silbersee vermuten ließ. Aber zu vernichtend soll das Urteil nicht ausfallen, denn Enslaved sind immer noch eine gute Live-Band, nur versprach man sich im Voraus mehr, als man letztendlich bekommen hat und jeder weiß, dass das enttäuschte Kind das falsche Geschenk niemals am selben Abend zum spielen in Betracht ziehen würde. Auch die Hallenschar fiel bedeutend kleiner aus, als man das wohl gedacht hätte, was sicherlich auch am etwas dürftigen Klang lag, welcher sich gegen Ende jedoch erholte. Zu hören gab es unter anderem: „Axioma Ethica Odini“, „Ruun“, „Raidho“, „Isa“, „Allfáðr“ und „Oðinn“.[Win]
Negura Bunget
Da die norwegischen Doomer Sahg leider ausfielen, war der Abend nach Negura Bunget leider schon vorbei, im musikalischen Sinne. Das Ragnarök legte sich auch in diesem Jahr noch lange nicht ins Zelt. Die teilweise stark kritisierte „Ficken“-Party Bar rödelte noch den ein oder anderen Klassiker aus seinen Boxen, nebst viel Stimmungsmist und Rammel-Mucke und sowohl der gemeine Folk Metall-Barde, als auch der bitter drein-blickende Black Metal Misanthrop tanzten im bunten Kreis miteinander. Darüber hinaus wurde unser Zelt zum romantischen Mekka und das nur, weil zwei bis fünfzehn Kerzen im Kreis lagen. Nunja, der Romantik-Vergleich wurde nicht weniger als dreizig mal gezogen und förderte die ein oder andere illustre Kreatur in den Schein. Selbst die Feuerwehr war vor Romantik so geblendet, dass lediglich zwei Feuerspender im Zelt entfernt werden mussten. Der Abend blieb verrückt und hinterließ seine Spuren; nichts weiter Berichtenswertes, es wurde Samstag.
SAMSTAG:
Half Pipe
Der Morgen war früh, als der Spatz den ersten Bierwurm aß. Wie so oft dauerte die Nachtruhe nicht sonderlich lange, denn die Sonne brütete derart heiß über den Zelten, dass kriechende Menschenlarven biergeschunden wie Maden aus ihnen herausplatzten; es war Zeit zu grillen. Nebst des Campingplatzes befand sich eine kleine Half Pipe, in welcher, nach näherer Betrachtung, ein Pärchen mit einem Einkaufswagen bewaffnet, Skateboard spielte. Augenscheinlich hatten die beiden ein unumstößliches Vertrauen ineinander, dass bis an die Coping heran und über den potentiellen Absturz hinweg reichte. Was sollte man auch sonst an einem Samstag-Morgen machen, wenn man eben zufällig einen Einkaufwagen hat. Generell waren von jenen Wagen einige im Umlauf und wurden von Zeit zu Zeit durch Security-Leute eingesammelt und kollektiv zum Lebensmittelanbieter aus der Stadt zurückgebracht. Wieso man überhaupt erst damit auf den Platz kam, keine Ahnung. Anscheinend ein ausgeklügelter Deeskalations-Trick der hohen Schule. Kurzum, es war bald die Mitte des Tages erreicht und der Sonnenzenit wurde gebührend durch Black Metal zelebriert, welcher diesmal den Namen Blackshore trug:
Blackshore
Und was für ein räudiger Black Metal das war. Blackshore waren angetreten, um mit einfachen Ufta-Ufta-Beats, sägenden Gitarren und herrlich debilen Texten die müden Krieger vor der Bühne in Bewegung zu bringen. Anscheinend waren doch einige Anwesende bereit für „some german angst“, die sich als primitiver Bruder von Endstille entpuppte. „Panzerkrieg, alles wird ausgebombt“.[Fur]
Ctulu
Schwarzmetallesk ging es auch weiter, denn die deutschen Düsterheimer Ctulu hatten ihren Platz gefunden, um das neue Werk „Sarkomand“ unter die Leute zu bringen. Die Krakenkinder ließen sich auch gut Zeit, damit der Klang passte und schusterten im Off an ihren Gerätschaften herum. Nach einiger Zeit war es dann geschafft und einem Intro folgend drang treibend, harter Black Metal ins Ohr. Das ganze wurde atmosphärisch durch kleine Feuerkelche untermalt und ausgewogen und facettenreich garniert. Alles in Allem machten die Delmenhortser eine gute Figur, ohne übermäßig aufzufallen; sehr gediegen. Die Setlist gab dabei einen Querschnitt aus „Freie Geister“ und „Sarkomand“ her, was durch folgende Songs realisiert wurde: „Freie Geister“ „Arckanum der Tiefen“, „Sarkomand“, „Nachtwind“, „Gezeitenstürme“, „Nemesis“, „Blindes Chaos“.[Win]
Dalriada
In die ungarischen Folk Metaller Dalriada hatte ich persönlich gar keine Erwartung gesetzt und einfach nur unkomplizierten Standard-Folk prophezeit. Dass man dann aber einen leicht angeschwärzten Ensiferum-Frischling mit moderierendem Drummer und Gossow-esk kreischendem Front-Blümchen bekommt, war doch überraschend. Die Klang-Strukturen variierten dabei von melodisch-tragenden Passagen, die im zweigeschlechtlichen Doppelgesang geträllert wurden und druckvoll-schnellen Parts, welche von der schreienden Schönheit angeführt wurden. Das ganze Ding erinnerte irgendwie an Arkona und zog mächtig Leute an, die mit viel Resonanz diesen Auftritt begleiteten. Ein kleines Erstaunen zuckte durch die Gesichtsnerven, zugegeben.[Win]
Arafel
Es wurde erneut die Geige aus dem Kasten geholt, denn die israelischen Arafel, nun mit Ex-Equilibrium Sänger Helge Stang bestückt, durften ihr neues Baby „For Battles Once Fought“ aus dem Fenster halten. Aggression war es schließlich, die einem entgegen schlug, sei es von Seiten der Geige, des Gesanges oder auch im Saiten-Metier, Arafel gingen enorm nach vorn und knallten einem den ganzen Problem-Eimer triefend vor die Füße. Dabei blieb es stets ausdifferenziert und kreativ, was zusätzlich durch sehr guten Sound unterstützt wurde. Es ist anzunehmen, dass nicht nur ein gewisses name-dropping Grund für die tanzend gefüllte Halle war, sondern hier die Musik selbst einige Leute unters Dach zog. Sehr gute Nummer mit Spaß-Potential und Nacken-Rheuma.[Win]
Wikinger
Wem der Sinn nicht nach sinnloser Gewalt in Notenform stand, der konnte sich sinnlose Gewalt im Wikinger-Gewand anschauen. Das tonangebende Seefahrervolk prügelte sich ganz traditionsbewusst vor den Fressständen auf dem Außengelände um zu präsentieren, wie ein Festival vor mehr als tausend Jahren aussah. Sicher waren da auch noch Glasflaschen erlaubt, wo doch eh jeder ein Schwert hatte, mit welchem man viel mehr Schaden anrichten konnte. Die Horden prügelten sich, der Mob gaffte und nachdem jeder Fell-Berserker am Boden lag, waren alle glücklich und tanzten wieder neben der „Ficken“-Bar. [Win]
Apropos „Ficken“-Bar. Durfte man sich zwischendurch immer mal wieder an echten musikalischen Perlen von Metallica und RATM erfreuen, war die zeitweise stundenlange musikalische Penetration mit Toten Hosen und Die Ärzte-Songs doch eher als grenzwertig einzuschätzen, vor allem da man durch die Lautstärke keinen Fitzel Musik aus der Halle mehr vernehmen konnte. Vielleicht könnte ja im nächsten Jahr das Wikingerdorf direkt an das Festivalgelände angegliedert werden und dafür der „Ficken“-Stand einen weniger exponierten Platz bekommen?[Fur]
Adorned Brood
Adorned Brood waren damals neben Suidakra eine der ersten „richtigen“ Metalbands in meinen Kopfhörern. Zwar versuchte ich meine Erwartungen ziemlich zurückzuschrauben, dennoch hinterließ die Band bei mir nur ein Schulterzucken. Vielleicht lag es an der Songauswahl, dem Sound oder meiner Erwartungshaltung, aber so wirklich wollte der Auftritt mich nicht mitreißen. Auch der Gastauftritt des Asenblut-Sängers beim „Lebenslied“ war eher so naja. Über ein „Ganz Nett“ kamen Adorned Brood in meinen Aufzeichnungen an diesem Tag nicht hinweg.[Fur]
Eïs
Der brüllende Eistüten-Witz an der Autogramm-Tafel war nicht einmal so weit hergeholt, wie ich dachte, denn die Bielefelder Gefrierwarenhändler Eïs hatten selbst Eistüten-Ikone auf ihrer menschlichen Front. Doch so fröhlich das Motiv der Truppe auch war, die Musik zielte mehr in die düster-kriechenden Sphären der Welt, was mit zäh-klagenden Gitarrenriffs und atmosphärischer Melodie untermauert wurde. Die Herren bildeten das zweite Festival-Highlight und spielten sich mit ihrem traurigen Doom Black Metal direkt in mein Herz. Eine sehr sympathische Meute, welcher die nautischen Leiden deutlich anzumerken sind. Die Seefahrt scheint ein durchaus belastendes Geschäft zu sein, aber gipfelt doch in wohlklingender Verzweiflung, was hier eindrucksvoll bewiesen wurde. Musikalisch würde ich die Herren irgendwo zwischen Imperium Dekadenz, Helrunar und Wolves In The Throneroom einordnen, was sowohl auf das Songwriting, als auch auf die Live-Präsenz zutrifft. Wenn Eïs so schmeckt, wie es hier klang, nehme ich gern noch eins, aber diesmal bitte intravenös. Setlist-Auszüge: „Kainsmal“, „Unter toten Kapitänen“, „Ein Winter auf See“ und „Galeere“. [Win]
Agrypnie
Agrypnie verwirrten schon bei ihrem Soundcheck mit einem ominösen Stuhl auf der Bühne, der bis zum Ende des Auftritts seinen prominenten Platz nicht mehr räumte. Dabei sollte es sich zum Glück um das einzig Verwirrende handeln, dem das Publikum ausgesetzt wurde. Der Sound war super, die musikalische Aufführung extrem sauber, und Agrypnie wohl der beste Beweis an diesem Wochenende, welche Entwicklungen im Metal noch möglich sind. Den Stempel als Nocte Obducta-Nachfolger werden Agrypnie vielleicht nicht mehr los, mir ist es aber egal. Ein fetter Auftritt, der mit dem Gastauftritt von Eïs Mitglied Alboin einen würdigen Abschluss fand.[Fur]
Valkyrja
Wer hätte das gedacht, der Hattrick war voll, als mit den Schweden Valkyrja der dritte Wurf gelang. Und wie es donnerte, als die Stockholmer Dampfwalze die Lichtenfelser Halle mit dreckigem Hass kontaminierte. Druckvoll und kalt bekam man hier die pure Schweden-Wut an die Backen gepeitscht, ohne Wenn und Aber. Das Quartett schlängelt sich irgendwo zwischen Marduk, Ragnarok und Code in eine ganz eigene Liga, die durch ausgefeilte Songstrukuren und elaboriertes Drumming glänzt. Auch der Brut vor der Bühne rotierten vor Begeisterung die Schädel und kaum ein Mann blieb hier unbewegt zurück. Etwas diffiziler wurde es, als sich die Gitarristen gegenseitig die Haare aus ihren Gitarren popeln mussten und trotzdem keinen großen Verzocker an den Tag legten, Respekt! Das contamination-squad leistete beste Arbeit und fand dann auch noch seinen Weg ins zeremonielle Blutbesudeln, ausgezeichnet. Definitiv zu hören waren „Catharsis“, „Ambience Of The Dead“, „Plague Death“ und „The Womb of Disease“.[Win]
Thyrfing
Bei Thyrfing wurde man auch mit „neuem“ Ex-Naglfar Sänger nicht enttäuscht, wenngleich die Album-Screams hier eher durch Growls ersetzt wurden. Generell bekamen die Schweden neben einer guten Portion Nebel auch einen etwas dumpfen Klang aufgedrückt, der einige Melodie-Passagen leider etwas verschluckte. Dennoch machten die Jungs ordentlich Stimmung und boten einen mitreißenden Überblick ihrer Diskographie. Sowohl „Vansinnesvisor“, „Farsotider“, als auch „Hels Vite“ wurden bedient und kurzzeitig ging es sogar bis „Thyrfing“ und „Urkraft“ zurück. Vom Klang abgesehen, gingen die Songs auch gut los und zeigten, dass hier eine durchweg begabte Live-Truppe auf der Matte stand, wenngleich eigentlich jeder Song etwas langsamer gespielt wurde, als man es von den Aufnahmen gewohnt ist. Dennoch war es ein befriedigendes Hören, welches nur ab und an durch Stromausfälle im Außenbereich gestört wurde. Jene Ausfälle sollten an diesem Abend noch für interessante Show-Konzepte sorgen. Die Setlist der Mannen: „Far åt Helvete“, „Farsotstider“, „Från Stormens Öga“, „Storms Of Asgard“, „Draugs Harg“, „Vansinnesvisan“, „Griftefrid“, „Mjölner“, „Going Berserk“.[Win]
Orphaned Land
Bei der Auswahl fotografischer und schriftlicher Berichterstattung schien ich mit Orphaned Land in den sauren Apfel gebissen zu haben: Auf Album viel zu sperrig und überladen stoßen die Israelis bei keinem der anwesenden Metal-Impetus-Redakteure auf wirkliche Gegenliebe. Umso erstaunlicher war dann der präsentierte Auftritt: Ohne weiblichen Gesang und traditionelle Instrumente bildete die Band mit ihrer metallischen Minimalbesetzung einen erstaunlich geradlinigen Auftritt, der mit so viel Spielfreude und Witz angereichert war, wie wohl kaum ein anderer an diesem Wochenende. Clevererweise hatte man sich also dazu entschieden, die musikalische Präsentation und die Auswahl der Songs dem genretypischen Publikum anzupassen. Das können sicher nicht viele Bands. Orphaned Land waren definitiv DIE Überraschung des Festivals.[Fur]
Twilight of the Gods
Die groß angekündigten Samstags-Headliner fanden nun ihre Zeit, um das Ragnarök-Festival mit einer gepflegten Portion Bathory zu füttern. Dieser sehr Heavy Metal-lastige Tribute-Hammer sorgte definitiv für ein volles Haus und das auch zurecht, denn der Metal Roundhouse Kick mit Primordial-Fronter Alan Nemtheanga, Ex-Immortal-Klampfer Iscariah, Trommel-Klops Nick Barker (Benediction, Ex-Dimmu Borgir, Ex-Cradle of Filth, Lock Up), Blasphemer (Skitliv) und Thyrfing-Gitarrist Patrik Lindgren haute mitten in die Fresse. Eine simple Show ohne viel Aufsehens! Aber Gefühl und Energie kamen ohne Ende und in unaufhörlichen Wellen der hungrigen Meute entgegen geschlagen. Hier wurde wirklich living-history geboten, welche einer Legende alle Ehre machte. Groß über Klang und Können zu sinieren ist hier unsinnig, es gab Nebel, perfekte Stimmung und eine durchweg gelungene Bathroy-Show. Ein reines Vergnügen![Win]
Obscurity
Es scheint sich zu einer regelmäßigen Ragnarök-Tradition zu entwickeln, gleich wo das Festival stattfindet: Stromausfälle gab es an diesem Wochenende nicht nur an den Ständen, sondern auch auf den Bühnen. Sowohl Obscurity als auch die anwesenden Fans nahmen es mit Humor, als direkt beim Soundcheck die Anlage ihre Dienste verweigerte und skandierten ironisch „Zugabe“. Als es dann doch endlich losgehen konnte, wurde klar, was sich hinter der „Special Show“ verbarg: Nicht nur für die Fotografen im Fotograben wurde es bei der ausladenden Pyroshow heiß.Ansonsten ließen sich die Jungs nicht lumpen und heizten auch selber dem Publikum nochmal mächtig ein.[Fur]
Todtgelichter
„Hallo wir sind Todtgelichter und wer nochmal 'nen Becher wirft, kriegt was auf die Fresse!“. Sympathisch aggressiv traten die Jungs und eine Dame auf und ließen komplett in weiß gekleidet keinen Zweifel daran, dass hier nicht irgendeine Band auf der Bühne steht, die um die Sympathien des Publikums feilschen muss. Mit ihrem Post-Rockigen Black Metal entließ die letzte Band des Ragnaröks mit sehr nachdenklicher Mucke das Publikum zurück in die graue Wirklichkeit. Was auf Platte manchmal recht steril wirkt, wurde auch mithilfe der Bühnenshow zum Leben erweckt, so dass man Todtgelichter durchaus den Status als exzellente Live-Band zustehen kann.[Fur]
FAZIT:
Imbiss
Der Wechsel an die alte Location hat ohne größere Probleme geklappt. Die Wege waren kurz, die Security (meist) freundlich und der Sound zu weiten Teilen in Ordnung. Warum man in diesem Jahr nur zwei statt drei Tage musikalisch unterhalten wurde, bleibt leider ungeklärt. Dadurch muss man aber festhalten, dass das Line-Up im Vergleich zum Vorjahr nicht ganz stark war. Beim leidigen Thema Müllpfand scheint man noch keine bessere Lösung gefunden zu haben. Durch einen Veranstaltungstag weniger scheint es aber noch fragwürdiger zu sein, wie zwei Metaller in zwei Tagen Müll für zwei 60Liter Beutel erzeugen sollen. Im Gegensatz zum Vorjahr wurden die beiden Bühnen deutlich besser koordiniert. So kam es nicht zu Soundchecks während auf der anderen Bühne noch Bands spielten. Dennoch kam es auch in Lichtenfels vermehrt zu unschönen Stromausfällen. Abschließend lässt sich festhalten, dass das Ragnarök Festival auch 2011 zu weiten Teilen überzeugen konnte, organisatorisch ist noch Verbesserungspotenzial vorhanden und im nächsten Jahr darf es auch gerne wieder drei Tage Musik geben.[Fur]