Als Leipziger Metalhead hatte man dieses Jahr zu Pfingsten eigentlich nur eine Wahl, vor allem wenn man mal wieder dem Wave&Gothik Treffen entkommen wollte. Kurz hinter Wurzen galt es das Hellraiser zu feiern. Die Institution, in der seit 15 Jahren alles auftritt was Rang und Namen hat. Nachdem man sich unter erbarmungslos brennender Sonne seinen Schlafplatz im fast Knie hohen Gras eingerichtet hatte, sollte es losgehen.
FREITAG:
Betrayer
Betrayer hatten als regionale, junge Band die ehrenvolle Aufgabe, die Hellraiserbühne feierlich einzuweihen. Die Nervosität war ihnen sichtlich anzumerken, jedoch nahmen die umstehenden Zuhörer das Death/Thrash-Angebot sehr positiv auf. Schade, dass die knappe Spielzeit durch zwei Saitenreißer noch mehr beschnitten wurde. Eine professionellere Band hätte die Wechselpausen durch Ansagen oder Soli überbrückt. Betrayer taten sich da sichtlich schwerer und wie umstehende Fans anmerkten, hätten die Jungs nur ihre Ersatzklampfen mitnehmen müssen/können/sollen. Aber wir wollen ja nicht unfair werden. Schließlich war das der erste Auftritt mit Neubassist Enrico Görs und die Songs die es zu hören gab, konnten schon ordentlich Arsch treten und waren sauber präsentiert,dennoch plädiere ich für mehr Mundharmonika auf fiese Moshparts! Auf jeden Fall war es eine schöne Geste vom Veranstalter die Geburtstagsfeier des Leipziger Hellraisers von einer Leipziger Band eröffnen zu lassen.
Dawn Of Azazel
Dawn Of Azazel mussten sich wie Betrayer der prallen Sonne aussetzen, konnten aber als Neuseeländer nicht auf den Heimbonus setzen. So genehmigten sich viele erstmal ein kühles Bierchen im Schatten, was aber die gut gelaunten Insulaner nicht davon abhielt ihre gnadenlos schnellen und recht vertrackten Deathbrocken über den Anwesenden zu verteilen. Aufgelockert wurde das Hochgeschwindigkeitsmassaker von langsameren Stampfern, die kein Genick unberührt ließen. Die Weltenbummler hätten auf jeden Fall mehr Aufmerksamkeit verdient gehabt. Eine perfekte Einstimmung auf das kommende, erste Highlight des Tages...
Grave
...denn Grave, die alten Schwedendeather mit dem kreativen Namen hatten sich angekündigt und legten auch sofort alles in Schutt und Asche. Liefen die Oldschooler bis jetzt bei mir unter dem Stempel der Deathkapellen, die irgendwo zwischen dem dritten und 1486sten Album bedeutungslos geworden waren, muss ich meine Meinung nach diesem Auftritt revidieren. Groovige Nackenbrecher wechselten mit hysterischen Blastmonstern und hinterließen vor allem einen Gedanken: da muss ich wohl nochmal rein hören. Fetter Auftritt einer Band die ja auch schon mal im Grab lag und sich selbst exhumiert hat.
Lifthrasil
Bei Lifthrasil kann ich nicht viel beisteuern. Mein kleines schlaues Buch gibt als Stichpunkte nur BM, Regen und sexy Frontmann her. Letzteres habe ich wohl auf Anraten meiner weiblichen Begleitung festgehalten. Anscheinend konnten sonst keine neuen Erkenntnisse gewonnen werden. Ich erinnere mich an recht modernen Blackmetal mit Synthesizern und deutschen Texten. Immerhin habe ich ein Playlist ergattert: „Der Zweite Schatten“, „Im Morgengrauen Kommt...“, „Entmenschlichung“, „Nagelfar“, „Vor Dem Sturm“, „Das Letzte Gefecht“, „Schreie Verhallen Ungehört“
Asmodeus
Asmodeus schlugen in die ähnliche Kerbe wie Lifthrasil. Die Österreicher boten schnellen, modernen Blackmetal Richtung neuerer Dark Funeral, mit einigen Deathelementen wie Growling. Schön anzusehen im Standardkostüm der Schwarzmetaller mit fescher Kriegsbemalung, Kettenhemd und obligatorischen Nietenoverkill ließen sie dennoch ein wenig die eigene Note vermissen. Rasantes Dauergetrommel traf auf knarrende Black/Death Riffs und erinnerte mehr als einmal an die Landsmänner von Belphegor. Technisch wirklich überzeugend könnten die „Dämonen der Begierde und des Zornes“ mit etwas mehr Eigenständigkeit durchaus zur weiteren Etablierung der „Österreichischen Schule“ beitragen.
Krisiun
Was gibt es zu den Krawallbrüdern aus Brasilien noch zu berichten? Krisiun spielten wiedermal die Abrissbirne im Kinderheim und verwandelten mit feinstem brutalen Todesblei das Hellraiser in eine Schlachtplatte. Dass dabei permanent aufs Gaspedal getreten wird und man irgendwann nur noch nach Luft japst, ist ja an sich auch nichts Neues. Zum Glück gab es auch die etwas abwechslungsreicheren Stücke vom 2006 Output „AssassiNation“ zu vernehmen, sonst wäre es wohl doch etwas eintönig geworden.
Nachdem nun fast eine Stunde nichts passierte, kam die Durchsage, dass Graveworm wohl im Stau gestanden hätten sich aber in Kürze auf der Bühne einfinden würden. Wie sich im Nachhinein herausstellen sollte, wurden Immolation darum gebeten die Wartezeit zu verkürzen, indem sie ihren Platz mit Graveworm tauschen. Warum sie sich unter keinen Umständen dazu bewegen ließen wird wohl ihr Geheimnis bleiben, einen Unterschied in der Menge der Zuschauer hätte es wohl nicht gemacht, weil sowieso schon eine recht große Menge vor der Bühne wartete.
Graveworm
So wirklich kann ich mich für den dunklen, sehr melodischen Blackmetal der Italiener ja nicht erwärmen. Dennoch erwischte ich mich öfter beim Mitnicken. Das Publikum ging ordentlich mit, Frontmann Stefan Fiori gab sich redlich Mühe die lange Wartezeit vergessen zu machen und auch die Band erwies sich insgesamt sehr bewegungsfreudig. Positiv, man möge mich dafür ohrfeigen, fand ich den Keyboardsound, der sich deutlich im Hintergrund hielt und dadurch nicht so aufdringlich wie auf den Alben wirkte. Der Menge schien es auch zu gefallen und so konnte man wunderbar verfolgen, wie ein guter Gig entsteht, wenn die Chemie zwischen Band und Publikum stimmt.
Immolation
Nun also Immolation, die dritte Band im Bunde der Deathmetal-Dinosaurier. Mr. Hair Ross Dolan zog mit seinen Vasallen eine routinierte Show ab, die das bestätigte, was auch die Alben vermuten ließen. Immolation haben 2007 genauso wenig zum Deathmetal beizutragen, wie vor zehn Jahren. Die ersten fünf Songs sind noch ganz nett, technisch über jeden Zweifel erhaben und mit hübschen Ideen bestückt. Danach herrscht gähnende Langeweile, weil nun alle Elemente ihr Revival erleben. Technische Dominanz reicht halt nicht aus, sonst würden wir alle nur noch Dragonforce hören...
Da hilft auch der Sound nicht, der besser als auf jedem Album der New Yorker daherkam und jeden Schlag auf das Floor Tom direkt in die Magengrube weiterleitete. Am Ende konnten die Amis ebenso wie auf ihren Alben nicht über die gesamte Distanz überzeugen und führten bei mir zum ein oder anderen Gähnen.
Ensiferum
Ganz anders Ensiferum. Mit einem neuen starken Album waren die Schwertkämpfer 2007 wie von den Toten auferstanden und präsentierten sich auch an diesem Abend so Energiegeladen wie selten zuvor. Frontmann Petri Lindroos, der als perfektes Beispiel finnischer Zurückhaltung gelten kann, gab sich redlich Mühe, das Publikum trotz einsetzendem Regen prächtig zu unterhalten.
Aber schließlich hatten die Finnen auch ein Songpaket geschnürt was auf jeden Fall „stärker als der Regen“ war. Ein wunderbarer Mix aus Klassikern wie „Iron“, „Token Of Time“ oder neuen Songs, wie der ersten Single von „Victory Songs“: „One More Magic Potion“ oder „Deathbringer from The Sky“. Mr. Lindroos war natürlich mit Gitarre und Gesang gut eingespannt und hochkonzentriert am Werke, was die Herren Toivonen und Hinkaa an Gitarre und Bass nicht daran hindern sollte, ihrerseits Späßchen zu machen und im ultimativen Posingwettkampf den Sieger zu ermitteln. Ensiferum meldeten sich in diesem Jahr eindrucksvoll in die Folkmetal Elite zurück und bewiesen hier auch live wie sie die Menge zum Ausrasten bringen können.
Behemoth
Die Krone für die beste Band des Abends ging aber ganz klar an Behemoth. Fünf mal durfte ich die verrückten Polen mittlerweile bewundern, aber so gut/böse/fies/geil waren sie noch nie! Die ersten Minuten war ich von ihrer Wucht so überrascht, dass es mir kaum gelang die Kamera ruhig zu halten. Nergal, mehr Tier als Mensch, wirkte so, als würde er jeden Moment über das Publikum herfallen um die Männer zu zerreißen und die hübschesten Mädchen seinem Harem einzuverleiben. Man konnte deutlich hören und sehen, wie die Jungs den polnischen Winter verbracht haben. Der Sound war fieser, die Riffs schneller und knackiger und das Propellerbanging noch irrwitziger. Vor allem Inferno bewies in seinem Schlagzeugsolo, dass er mittlerweile wohl zu den besten Trommlern im Metal gehört. Genreübergreifend dürfte er wohl der Beste sein. Außerdem fällt mir jetzt keiner ein, der bei 280bpm mal noch schnell zum Propeller ansetzt...
Ein, angesichts der durchdrehenden Menge, gut gelaunter Nergal führte souverän durchs Programm. Wichtig war dabei, dass sie diesmal nicht aus Polen sondern von „The Pagan Vastlands“ stammen. Allerdings hielten sich die ehemaligen Blackmetaler nicht besonders lange mit ihrer Vergangenheit auf und so gab es mit „Conquer All“, „Slaves Shall Serve“, „Chant for Ezkhaton“, Christian To The Lions“, „Antichristian Phenomenon“ und „As Above So Below“ eher moderne Behemoth zu beobachten. Darin fügten sich die zwei Songs vom erscheinenden Album „The Apostasy“ perfekt ein und lassen nur das Beste für die Zukunft der progressiven Deathgötter vermuten. Ein perfekter Ausklang für einen fantastischen Tag.
SAMSTAG:
Thrudvangar
Thrudvangar hatten als erste Band des Tages echt Probleme Publikum anzulocken. Anscheinend konnte sich in der prallen Sonne kaum einer so richtig für den Viking Blackmetal der Köthener erwärmen. Die meisten, die sich auf das Festivalgelände verirrt hatten, suchten den Schutz im Schatten und sahen sich das sehr keyboardlastige Spektakel lieber aus der Entfernung an.
Purgatory
Mit Death/Grind ließen sich anscheinend mehr Leute aus dem Schatten locken, auch wenn es bei Purgatory auch nicht wirklich voll war. Schade eigentlich, denn der eingängige Oldschool-Deathmetal, gepaart mit fiesem Growling und grindigen Blastpassagen eignete sich ganz hervorragend zum fröhlichen Nicken. Nicht besonders innovativ oder kompliziert, aber definitiv der Beweis, dass die Rückbesinnung auf alte Zeiten nicht zwangsläufig mit Stillstand einhergehen muss.
Outrage
Outrage erwiesen sich auch nicht als die großen Visionäre und gaben sich dem Six Feet Underschen Midtempo-Deathmetal hin. Nach dem Motto: „Lieber gut geklaut als schlecht selbst gemacht“ ließ sich die junge österreichische Band auf keine Experimente ein. Ganze fünf Songs misst ihre erste Demo, da ist in Zukunft also noch viel Platz für etwas mehr Eigenständigkeit. Bock haben die Jungs trotzdem gemacht und wenn ich ehrlich bin, kurzweiliger als jede Six Feet Under Show waren sie allemal...
Outrage
Nach Six Feet Under nun also Pantera: auch Moshquito ließen nix anbrennen und setzten auf altbewährtes. Da die Sachsen in unserer Region alle Nase lang zu sehen sind, wurde die Zeit zum Nahrung und Bier tanken genutzt.
Eminenz
Eminenz sind ja schon ewig im Geschäft, konnten mit „The Blackest Dimension“ gute Kritiken in der Presse einheimsen und waren schon zweimal mit Mayhem auf Tour. Soviel zur Theorie. Tatsächlich konnten die deutschen Blackmetaler hier nur teilweise überzeugen, da sich das Keyboard kaum in das relativ überzeugende Black/Death Gemisch einzufügen vermochte. Man konnte das Gefühl bekommen, dass hier mehr Schein als Sein auf dem Programm stand. Das große umgedrehte Holzkreuz, betackert mit der Schlachteplatte aus dem Supermarkt konnte ebensowenig zur Stimmung beitragen, wie der Grillanzünderregen, der sich beim Feuerspucken über der anwesenden Menge ergoß. Eminenz wollten mit viel Tamtam beweisen, wie true sie doch sind. Bei mir erzeugten sie damit eher das gegenteilige Gefühl. Geschmackssache.
Eluveitie
Die Schweizer Eluveitie hatten mit ihrem 2006er Album „Spirit“ die Folkszene aufhorchen lassen und präsentierten auch live absolut überzeugend ihren „New Wave Of Folk Metal“. Mit einem dutzend Flöten (grob geschätzt),Geige, Laute, Drehleier und Dudelsack legte der bunt gemischte Haufen aus Waldläufern und Metalheads einen fantastischen Auftritt hin. Die Menge nahm das Gemisch aus Death und purem Folk dankend an und nutzte die Gunst der Stunde zum gemeinsamen Schunkeln, Hüpfen und Bangen. Ein fantastischer Auftritt in dem es noch einiges über Äpfel und Birnen zu lernen gab...
Legion Of The Damned
Legion Of The Damned zwingen einfach zum mitbangen. Selbst für diejenigen, die mit dem eher simplen Death/Thrash der Holländer nichts anfangen können, wurde hier mit Songs wie „Bleed For Me“ oder „Into the Eye Of The Storm“ bei fettem Bombastsound einiges geboten. Eine unvermutet kurzweilige Show, in der keine Langeweile aufkam und bewies, dass die Zottelmonster zumindest auf der Bühne voll überzeugen können.
God Dethroned
God Dethroned sind bei mir bisher zuwenig in der Anlage rotiert und so kann ich keine wirkliche Aussage zu ihrem Auftritt treffen. Groovig war es allemal und wirklich langweilig auch nicht.
Dark Funeral
Dark Funeral, die Weisen aus dem hohem Norden, sind nicht so mein Fall und werden es nach diesem Auftritt auch nicht werden. Vom lächerlichen Corpsepainting über total übertriebene Rüstungen, ist das dauernde SATAN!!! Gerufe die erste Viertelstunde zwar lustig, aber irgendwann fragt man sich doch, ob das Schwarzmetall auf der lyrischen Seite nicht mehr zu bieten hat. Sicherlich gab es musikalisch nichts zu meckern und wahrscheinlich tat die Müdigkeit ihr übriges, aber nach dem vierten Song war für mich Schluß und ich verzog mich ins Zelt zum Gute-Nacht-Met.
SONNTAG:
Disaster KFW
Die Weimarer von Disaster K.F.W sollten den sonntäglichen Kater und Regen vertreiben und leisteten dabei verdammt gute Dienste. Seit 20 Jahren sind die Ossis mittlerweile unterwegs und man konnte voller Freude sehen, wie sie alle persönlichen und musikalischen Rückschläge und Schwierigkeiten überwunden haben, um sich anno 2007 so stark wie nie zu präsentieren. Geboten wurde ein buntes Gemisch aus schwedisch angehauchtem Death und fiesem Black, garniert mit doppelläufigen Riffattacken und dem besten aus Scream und Growling. Definitiv ein gelungener Einstieg in den Tag und nahrhafter als so manches Knoppers...
Dawn Of Fate
Dawn Of Fate, die sympathischen Torgauer mit dem roten Farbtopf boten auch ihr ganz eigenes Gemisch aus Death, Thrash und Blackmetal, wussten sich aber durch sehr melodische Elemente und ruhigere Passagen von ihren Vorgängern abzugrenzen. Die Playlist enthielt großartige Klassiker wie „Wir essen was wir ficken und wir töten...ach was weiß ich“ und das allseits beliebte „Achso“. Spaß und Spielfreude kamen also nicht zu kurz. Nachdenklicher wurde es nur während dem Instrumental, welches dem kürzlich verstorben Scheddelchef Ringo gewidmet wurde und mal wieder ins Gedächtnis rief, wie der Underground, trotz kleinerer oder größerer Differenzen nur gemeinsam die Grundlage für den Aufstieg kleiner Bands oder Veranstaltungen bilden kann. In dem Zusammenhang wird es eigentlich auch langsam mal Zeit, dass Dawn Of Fate ihrer 2000 erschienenden Demo „Meine Gedanken Des Hasses“ ein richtiges Album folgen lassen. Genug überzeugendes Material dafür hätten sie...
Helrunar
Helrunar erwiesen sich mal wieder als absolute Zugkraft, wenn es darum geht, Leute vor die Bühne zu locken. Mit einer perfekten Show empfahlen sie sich mal wieder für einen lange verdienten Headlinerplatz. Ein gut gelaunter Skald Draugir schäkerte vor und während dem Konzert mit dem Publikum und bewies mal wieder, wie albern Sonne machen kann. Musikalisch wenig überraschend, gab es so ziemlich dieselbe Playlist wie auf dem Party.San '06 zu hören. Allerdings wirken Ohrwürmer wie „Hauch wird Sturm“, „Älter als das Kreuz“ oder „Dreifach Dorn“ mit zwei Gitarren nochmal einen Zacken geiler und so war es schön zu sehen, das Helrunar live wieder mit zwei Gitarristen unterwegs sind. Erfreuliches gab es auch im Nachhinein zu vermelden. So arbeiten die Jungs zur Zeit mit Hochdruck am neuen Album, was aller Vorraussicht nach im Herbst erscheinen soll. Die Band gibt sich optimistisch, ob der Qualität der Songs und es wäre den sympathischen Heiden zu wünschen, dass sie sich endlich ihren festen Platz in der deutschen Blackmetal-Landschaft sichern können.
D.A.M.N.
Für Sulphur waren kurzfristig D.A.M.N. eingesprungen, die mit ihrer blondbeschopften Frontfrau schon mal einen Eyecatcher auf der Bühne hatten. Kaum zu glauben, wie aus diesem zarten Wesen so eine Stimme kommen kann. Fieseren Gesang kriegt auch Angela Gossow nicht hin, Verdammt beeindruckend! Musikalisch konnte es nicht über die gesamte Länge überzeugen, den Songs fehlte an einigen Stellen der letzte Schliff, wirkte aber durch die deutschen Texte sehr frisch und eigenständig. Für eine junge Band, die gerademal eine Demo draußen hat, lieferten sie auf jeden Fall eine souveräne Show ab und dürften den ein oder anderen Fan hinzugewonnen haben.
Illnath
Mit Illnath wurde nun sehr keyboardlastiger melodischer Metal geboten, der so gar nicht mein Geschmack ist. Erinnerte teilweise ein bisschen an Cradle Of Filth. Mehr kann ich dazu nicht sagen und nutzte die Zeit lieber für ein Schwätzchen mit Helrunar.
Obscenity
Jetzt wurde es Oldschool. Obscenity, eine der dienstältesten Deathmetalbands Deutschlands, hatte sich angekündigt. Seit über 15 Jahren machen die Oldenburger mit ihrem Florida Death schon die Bühnen dieser Welt unsicher. Wieder mit Bassist im Line-Up konnte die Show der Urgesteine von Anfang an überzeugen. Mit immensen Druck legten Songs wie „Die Again“, „The Arrival“ oder „Cold Blooded Murder“ alles in Schutt und Asche. Ein Geheimtipp sind die Jungs ja schon lange nicht mehr und dürften sich mit dieser fetten Show auch bei den letzten Unwissenden Gehör verschafft haben.
Vader
Der Regen begann sich langsam abzuschwächen und Vader schienen nur darauf gewartet zu haben. Bei den ersten Takten von „God Is Dead (Hellalujah)“ aus dem aktuellen Album war der Platz vor der Bühne dann auch endlich gut gefüllt. Aus allen Richtungen strömten die Gewitterflüchtlinge heran, um Zeuge eines beeindruckenden Spektakels zu werden. Die polnischen Deathgötter boten zu richtig dickem Sound eine Lichtshow, die mit keinem Geld der Welt zu kaufen ist: vor einem blutroten, von Blitzen durchzogenem Himmel ballerten sie sich durch 25 Jahre Bandgeschichte und wirkten dabei so frisch wie am ersten Tag. Was „Impressions In Blood“ schon im Vorjahr vermuten ließ, wurde auch hier wieder mal Eindrucksvoll bewiesen: die Polen gehören immer noch zum Besten, was der Deathmetal zu bieten hat. Einer der besten Auftritte des Wochenendes.
Endstille
Mit der Dunkelheit kamen Endstille, um nach kurzem Echolot-Intro sofort ihre „Dominanz“ unter Beweis zu stellen. Ebenso, wie man die Anhänger der deutschen Blackmetaler sofort an ausgewaschenen Tarnhosen, Nietengürteln und Kriegsgerät auf dem Shirt erkennt, so hört man sofort wenn Endstille die Bühne betritt. Die Luft ist sofort ergriffen von fiesestem Blackmetal älterer Schule mit der "Spielgeschwindigkeit eines MG 42 und der Feuerkraft schwerer Schiffsartillerie". Frontsau Iblis gibt sich gewohnt showfreudig und sorgt mit seinen gekeuchten Ansagen für den ein oder anderen Lacher, lässt sich aber was das Posing angeht, nicht die Butter vom Brot nehmen. Endstille haben zur Zeit ganz klar einen der charismatischsten Frontmänner im Black Metal.
Bei aller selbst auferlegter „Monotonie“ tut sich doch einiges im Gefangenlager der vier MG-Schützen. Die Jungs werden mit jedem Auftritt souveräner und besser. Mittlerweile kann man unter dem Wuschelkopf von Klampfer Wachtfels sogar Corpsepainting und ab und an ein Lächeln entdecken. Musikalisch gab es neben Klassikern wie „Bastard“, „Navigator“ und „Frühlingserwachen“ mit „The One I Hate“ und „Endstilles Reich“ vom gleichnamigen, 2007 erscheinendem Album einen viel versprechenden Ausblick in die Zukunft. Da kann man sich, ganz im Stil der alten Schule, schon mal mit drei Litern Blut überkippen. Ob blutige Elektronik Schuld am kurzzeitigen Mikroausfall war, bleibt unklar. Ganz klar war allerdings für jeden zu sehen, dass Endstille sich mittlerweile vor den richtig Großen im Genre nicht mehr verstecken müssen.
Die Apokalyptischen Reiter
Die Umbaupause für Die Apokalyptischen Reiter wurde mit allseits bekannten Klassikern aus den Soundtracks verschiedener Filme und Serie überbrückt (Pulp Fiction, Biene Maja,...). Reihum sah man tanzende fröhliche Menschen, die somit wiedermal den perfekten Nährboden für die Reiter bilden sollten. Persönlich kann ich mich nicht so Recht mit dem wilden Gemisch aus fast allen Spielarten des Metals anfreunden, jedoch ist die Show der Weimarer immer ein Blick wert. Einmal, weil das Ostherz dabei sofort höher schlägt und weil die Band mindestens genauso wild zusammengewürfelt wirkt, wie ihre Musik. Brummkreisel und Frontreiter Fuchs war wie immer nicht zu bremsen und vollführte die wildesten Kunststücke um die müden Massen noch einmal in Bewegung zu versetzen. Die Reiter haben sich den Hype um sie auf jeden Fall verdient, meine Musik werden sie wohl auf Dauer nicht werden, deswegen galt es die Zeit zum umziehen und saufen zu nutzen. Eine Band stand noch auf dem Programm und für absoluten Hörgenuss gehört da auf jeden Fall ein gewisses Alkohollevel dazu...
Unleashed
Unleashed sollten also die ehrenvolle Aufgabe übernehmen, das Hellraiser Festival zu beenden. Erstmal muss festgestellt werden, das die Schweden eine sehr berechenbare Band sind, was jedoch nicht negativ gemeint ist. Man erwartet halt bestimmte Dinge, die auch immer erfüllt werden. Dazu gehören Songs wie „Winterland“, „The Longships Are Coming“, „Shadows In The Deep“ und natürlich „Death Metal Victory“. Dabei will der Freizeitwikinger mit seinen zwei Promille kein progressives Gefrickel, auf zehn Minuten gedehnte Outros oder sonstigen Kram, der nur von den knackigen, auf den Punkt gebrachten Deathknallern ablenken könnte. Auffällig war, wie krass die Schweden mal wieder an der Geschwindigkeitsschraube gedreht haben. Frontmann Johnny hatte öfter leichte Schwierigkeiten die Texte in die Hyperblastriffs zu quetschen, wo hingegen Leadgitarrist Fredrik Folklare keinerlei Probleme hatte, die ohnehin schon schnellen Soli an die vorgegebene Geschwindigkeit anzupassen. Auch die Stücke vom neuen Album „Midwinterblot“ wirkten an diesem Abend noch wuchtvoller als ohnehin schon. Den Leuten gefiel es anscheinend, weit um sah man nur kreisende Matten und als sich Johnny zum Abschluss mal wieder mit einer Bierdusche aus dem Trinkhorn bedankte, sah man reihum nur glückliche Gesichter, die mal wieder einen gewohnt guten Unleashed Auftritt erleben durften.
FAZIT:
Doppeldaumen hoch für diesen Geheimtipp in der diesjährigen Festivallandschaft. Große Bands für wenig Publikum und fairem Preis wurden nur noch mehr aufgewertet, durch ein absolut familiäres Verhältnis aller Beteiligten. Von einer netten, hilfsbereiten (wenn auch teilweise etwas verwirrten) Security über durchgehend fantastischen Sound bis hin zu den netten Gesprächen mit Bands und Fans, kann man dem Hellraiser für die nächsten 15 jahre nur alles Gute wünschen. Aber lassen wir doch den Chef zum Abschluss selbst zu Wort kommen:
(Interview vom Samstag)
[MI]: Joah, kannst du schon ein Resümee für die letzten drei Tage ziehen? Was ist gut gelaufen, was vielleicht weniger gut?
[Wito]: Äh, weniger gut war zu viel Sonne (lacht).
Leider, dass Immolation nicht bereit waren, mit Graveworm zu tauschen, zumal sie nichts an Spielzeit eingebüßt hätten...
Schön war auf jeden Fall, dass die Leute das so positiv aufgenommen haben und Graveworm mit einem ordentlichen Moshpit belohnt haben. Ich sehe es einfach so, dass die Band früh um Neun losgefahren ist und abends um 9 da war. Ich denke, dass spricht für sich.
Ansonsten wären wir auch nicht traurig gewesen, wenn ein paar Leute mehr gekommen wären. Mit Presse sind so an die 1000 Leute da. Tonmäßig bin ich sehr zufrieden und auch mit den Anwohnern, die Anfangs total gegen uns waren und sich aber auch absolut gewandelt haben. Wir haben alle eingeladen und es sind auch viele gekommen, einige sogar mehrmals. Bis jetzt gab es keine Ausfälle und an dieser Stelle möchte ich die ganze Crew loben, alles superfreundliche, fleißige Menschen. Dank auch an das Publikum, was sich sehr gut benimmt und ordentlich Durst hat (lacht).
[MI]: Warum jetzt nach 15 Jahren Hellraiser ein Open Air?
[Wito]: Weil es die 15 war...(lacht).
[MI]: Und die nächsten 15 Jahre?
[Wito]: Äh, bei dir oder bei mir?(lacht)
Nee, weiß ich nicht, wir werden ja nicht älter, sondern länger neu. Mal gucken, es haben schon einige Leute danach gerufen: macht doch 'nen Hellraiser 16, 17, aber ich kann zu dem Zeitpunkt jetzt noch nichts dazu sagen und möchte auch keine Spekulationen anheizen. Wenn, dann mit Sicherheit an einem anderen Datum, aber ich denke mal eher nicht. Punkt.
Erstmal Dank an Wito für das Gespräch. Zur Zeit findet auf http://hellraiser-leipzig.de/openair eine Umfrage zu dem Thema statt und bis jetzt ist die Mehrheit für eine Wiederholung am selben Datum. Der Raum ist also geöffnet für Spekulationen...
Bis zum nächsten Jahr. Vielleicht...