Ein Donnerstag Abend in einer kleinen Stadt wie Halle ist nicht unbedingt die beste Voraussetzung für ein gut besuchtes Metal-Konzert - außer man heißt natürlich Amon Amarth und hat mit Tyr und Wintersun noch zwei hochkarätige Bands am Start.
Tyr
Pünktlich um acht enterten Tyr die Bühne und vermochten mit ihrem Set das bunt gemischte Publikum schonmal in Schunkelstimmung zu versetzen. Apropos bunt gemischt: Bereits die Zuhörer zeigten deutlich, dass ein Abend mit Amon Amarth mittlerweile jedwede Stilrichtung anzieht. Da tummelt sich der minderjährige Baggypant-Träger neben der 40 jährigen Rockermutti und dazwischen ein ganzer Haufen Alt - und Nachwuchswikinger Arm in Arm. Der Mainstream hat den Viking Metal entdeckt...
Tyr hatten nun eine halbe Stunde Zeit um ihren melodischen Mid-Tempo Pagan unter das Volk zu bringen. Mir war das insgesamt zu langsam, richtig geböllert wurde nie, dennoch hatte der Auftritt durchaus Charme, was vor allem am sympathischen Frontmann Heri Joensen lag, der trotz schleppendem Tempos immer wieder Wege fand, die Menge zum mitgrölen und Armheben zu animieren.
Wintersun
Wintersun sind schon ein kleines Phänomen. Seit mittlerweile zwei Jahren sind die Finnen präsent auf fast allen Festivals und Tourneen, die Europa zu bieten hat. Die Songs scheinen jedoch keinerlei Abnutzungserscheinungen beim Publikum zu erzeugen. Beim Blick auf die Bühne ähnelt das Treiben einer finnischen Best-of Truppe, mit starken Ensiferum und Norther-Anteilen. Auf jeden Fall wissen die typischen Wintersun-Trademarks wie immer zu überzeugen, technisch sind die Jungs ganz klar 'Over The Top' und auch am Sound gab es nichts zu meckern, aber mittlerweile wird es definitiv Zeit für ein neues Album...
Bei Songs wie „Winter Madness“ und „Starchild“ konnte man sich so wippendem Fußes den kleinen Details am Rande widmen: Alle Synthesizer-Parts wurden vom Band eingespielt, ihren Keyboarder hatten sie anscheinend auf dem Summer-Breeze vergessen... ansonsten gibt es wenig Neues zu berichten. Wer die Finnen schon einmal Live gesehen hat, verpasste hier eigentlich nichts...
Amon Amarth
Bei den schwedischen Berserkern von Amon Amarth gestaltete sich die Sachlage etwas anders. Mit neuem Album und aufwendiger Bühnenkulissen durfte man hier und jetzt ihren vielleicht besten Auftritt miterleben. Für die halbe Stunde Umpaupause wurde man mehr als königlich entschädigt. Der Sound war ausgezeichnet, was bei den Wikingern leider keine Selbstverständlichkeit ist und auch die Playlist ließ keinerlei Wünsche übrig. Die gesamte Bandbreite von „Once Sent From The Golden Hall“ bis zum neuesten Output „With Oden On Our Side“ wurde abgedeckt. Besonders schön und selten dabei: „The Last With Pagan Blood“ und das gleichnamige Stück vom erwähnten „Once Sent From The Golden Hall“. Ich habe aufgehört zu zählen, wie oft ich schon im „Besten Publikum der Tour“ stand, aber einem gut gelaunten Johann Hegg mit Trinkhorn glaubt man eigentlich alles...
Auch wenn man in jüngster Zeit auf allen goßen Festivals mit Amon Amarth versorgt wurde: Dieser Auftritt war einfach nochmal ein kaltes Met besser und hatte einfach alles: guten Sound, Atmosphäre, eine ausgeglichene Playlist und eine verdammt spielfreudige Band. Herzlichen Glückwunsch an alle, die sich an einem Donnerstag für dieses Konzert in Halle entschieden haben.