Am 16. April 2011 fand in der Stadthalle von Alsfeld das Kings-of-Black-Metal-Festival statt. Der Veranstaltungsort war kurz zuvor noch verlegt worden, ursprünglich war das Festival wie bereits in den Jahren zuvor in der Hessenhalle in Gießen geplant. Der Ortswechsel brachte einige Vor- und Nachteile: auf der einen Seite vor allem mehr Platz und einen besseren Klang, auf der anderen Seite den Umstand, daß diese Halle wegen kurzfristiger Probleme mit dem Brandschutz nicht gut abgedunkelt werden konnte. So mussten zumindest die Auftritte vor Einbruch der Dunkelheit bei Tageslicht stattfinden. Dadurch wirkte das Umfeld der Bühne ein wenig wie eine Turnhalle, was fürs Fotografieren zwar ärgerlich war, aber meiner Meinung nach dem Musikerlebnis keinen Abbruch tat.
Um 14 Uhr sollte das Festival beginnen. Wir waren schon etwa eine Stunde vorher da, konnten uns über einen der in ausreichender Anzahl vorhandenen kostenlosen Parkplätze freuen, uns über den etwas verspäteten Einlaß ärgern und auch ein wenig darüber, daß die einzige vorhandene Verpflegungsbude noch lange mit Aufbau und Warmlaufen beschäftigt war. Inzwischen weiß ich, daß an der Verspätung die erwähnten Schwierigkeiten mit dem Brandschutz schuld waren, und für reichlichere Verpflegung zu sorgen hat der Veranstalter fürs nächste Jahr bereits angekündigt. Als weitere Kritikpunkte fielen mir im Laufe des Nachmittags der sich mehrere Auftritte lang hinziehende Einlass und der viel zu enge Ein- und Ausgang der Halle auf, aber beides wurde ebenfalls bereits für die Verbesserungen zum nächsten Jahr berücksichtigt.
Die Halle war bereits gut gefüllt, als Under That Spell das Nachmittagsprogramm eröffneten. Musikalisch zwischen Black Metal, ein wenig Rock'n'Roll und Thrash angesiedelt, meisterten sie erfolgreich die Aufgabe, das Publikum in die richtige Stimmung für die folgenden neun Auftritte zu versetzen. Sie überließen die Bühne den Franzosen von Alcest, einer gar nicht mehr so jungen Band, die sich zwar erst in letzter Zeit, dafür aber mit umso mehr Eifer die Festival- und Konzertbühnen dieser Welt erspielt. Eine andere, ihre eigene Welt eröffneten sie dem geneigten Hörer mit ihrer atmosphärischen Musik, die ihn ebenso gefangennimmt wie die Musiker, die in ihrem Spiel aufgingen.
Für einen völligen Gegensatz dazu sorgten anschließend Cirith Gorgor, die der lauschenden Menge mit Spielfreude ein rasantes Black-Metal-Feuerwerk auf die Ohren gaben. Musikalisch noch etwas direkter und nicht mehr im Namen Saurons, sondern Satans ging es danach mit Corpus Christii aus Portugal zur Sache, die größtenteils Material von den letzten beiden Alben, aber auch ein paar neue Stücke darboten und ihren Auftritt zünftig feurig beendeten.
Wiederum folgte ein gründlicher Stilbruch, denn der nächste Auftritt gehörte Dornenreich, die es zu Beginn tatsächlich sehr ruhig angehen ließen. Nachdem die Akustikgitarre gegen eine elektrische getauscht war, absolvierte das Trio einen eindrucks- und hingebungsvollen Auftritt mit Stücken bis zurück zum zweiten Album. Wie immer hatte ich das Gefühl, daß Dornenreich leider viel zu schnell zum Ende kamen. Im Anschluß wurde man gründlich aus allen Träumen gerissen, denn Endstille betraten die Bühne und knüppelten mit ihrem Verständnis von Frühlingserwachen jeden verbliebenen verspielten Gedanken in Grund und Boden; wie ihre Vorgänger mit vollem Einsatz, nur eben mit einem etwas anderen Teil des Publikums als Zielgruppe.
Während es nun draußen langsam dunkel wurde, betraten drinnen norwegische Herren hinter glänzenden Sonnenbrillen die Bühne: Chrome Division traten den Beweis an, daß Elvis doch noch unter den Lebenden weilt. Gar nicht schwarzmetallisch, sondern rockig, unterhaltsam und glamourös lockerten sie den Abend musikalisch auf, wobei spätestens Shagraths weiße Gitarre mit Leopardenfell-Applikation dem Auftritt eine skurrile Krone aufsetzte. Die Folge war, daß Taake nun gegen die vorausgegangene Show regelrecht bodenständig und böse wirkten, auf jeden Fall sorgten sie wieder für angemessene Schwärze im Ohr des Publikums. Einen erfreulich ausgedehnten Auftritt lang lieferte Høst mit seiner Truppe sowie mit einer großen Portion Theater die Klassiker des letzten Jahrzehnts ab und vergaß natürlich auch nicht, die obligatorische Norwegen-Flagge zu schwenken.
Die verbleibenden zwei Auftritte gehörten Inquisition und Watain. Erstere absolvierten ihren gewohnt souverän und geradlinig, hatten das Publikum von der ersten bis zur letzten Note im Griff und beeindruckten einmal mehr dadurch, wie sie gerade mal zu zweit und scheinbar mühelos ihre mächtige Klangmauer aufrechterhielten. Watain dagegen warteten mit Feuerzauber und einem aufwendigen okkulten Bühnenaufbau auf, konnten natürlich musikalisch alle Erwartungen einschließlich ihrer Interpretation von Dissections Somberlain erfüllen und wurden von ihren Anhängern begeistert gefeiert. Der Auftritt und damit der Festivalabend endete mit einem ritualartigen Abgang der Musiker, und während die Bühne noch in Feuer und Rauch versank, leerte sich bereits die Halle.
Was bleibt zu sagen? Das Kings of Black Metal war für mich ein würdiger Auftakt des Festivalsommers 2011, und wenn es im nächsten Jahr mit ähnlich guter Besetzung wieder stattfindet, werde ich sicherlich wieder dabei sein.