10 Tage, 7 Gigs und rund 3500 Kilometer - Die Rumänien-Tour mit Sado Sathanas stand kurz bevor und Macht aus Chemnitz waren als Support dabei. So weit weg das alles vor gut einem Jahr noch schien, so plötzlich war die ganze Szenerie Realität geworden. Das Schlagzeug war verpackt, der Bus voll mit Amps und Gitarren und alle Schlüpfer für die Tour waren abgezählt. Fehlt nur noch alle einzusammeln, um in dieses mysteriöse Land im Süd-Osten Europas aufzubrechen.

Kaum zu fassen, wie kurz die Zeit war, bis tatsächlich die Abfahrt nach Rumänien anstand und wie schnell die zehn Tage letztendlich wieder vorbei waren. Wie immer vergeht die gute Zeit im Leben viel zu schnell, aber wenigstens brennt diese sich ins Gehirn ein und hinterlässt ihre Spuren. Vielleicht gibt dieser Bericht annähernd einen Eindruck von den Erlebnissen aus zehn Tagen Rumänien-Tour:




04.09.2013

Es ist der 4. September 2013, ca. 22:00 Uhr. Morgen früh, 7:00 Uhr, steht Daniel, Gitarrist bei Macht, vor der Tür und es geht zum Proberaum, wo wir Bassist André (Atna) treffen, der uns wiederum zu unserem Sänger Enrico (Vidd) fahren wird, um dort den Rest von Macht (Keyboarderin Corinna und Gitarrist Markus (Haupti)) zu treffen.
24:00 Uhr: Langsam sollte man pennen gehen, bis sieben Uhr ist es nicht mehr lange. Zum Glück war man nochmal ausgiebig Sushi essen. Roher Fisch soll ja eine ausgezeichnete Grundlage für zehntägige Partys sein.

05.09.2013 - Chemnitz

6:30 Uhr: Keine Ahnung, wann ich das letzte Mal um diese fürchterliche Zeit aufgestanden bin. Die Augen sind verquollen und so richtig will es mit dem zielgerichteten Denken nicht klappen. Wenigstens steht das Gepäck schon bereit und muss nur noch gegriffen werden. Punkt 7:00 Uhr klingelt es - Abfahrt. Viel zu kalt ist es an diesem Morgen, aber das wird sich ja spätestens heute Abend in Budapest ändern. Kurz nach uns kommt Atna am Proberaum an und wir laden unser Zeug in sein Auto. Man hört ihn schon von Weitem, denn in aberwitziger Lautstärke schallt "Doldingers Boot" aus seinem Auto- "Das wird die Tourplaylist, könnt ihr euch schonmal drauf einstellen". Nach dem Einsteigen geht die Hitliste mit Jon Bon Jovis "Little Runaway" weiter und irgendwie stimmen jetzt schon alle darauf ein.

Nach kurzer Fahrt stehen wir bei Vidd auf dem Hof und trinken noch einen Kaffee. "Um alles raus zu bekommen", denn wenn wir einmal unterwegs sind, wird nicht mehr angehalten. Nebenbei laden wir schon mal alles vor, denn gleich sollte Haupti mit dem zweiten Bus kommen, in welchem später Sado Sathanas durch die Gegend kutschiert werden. Die Jungs sollen wir 9:30 Uhr in Dresden aufsammeln. Bisher sieht alles gut aus und wir kommen pünktlich los.

Nach einer guten halben Stunde Fahrt merkt Vidd, dass er seine Kreditkarte vergessen hat. Unpraktisch, denn dort ist alles Geld drauf, das wir für die Tour brauchen. Wir drehen um und fahren nochmal zu ihm, finden die Kreditkarte aber nicht. Wenigstens hat er so noch ein paar Wurstpäckchen und Käse mitnehmen können. Auch gut, wer braucht schon Geld, wenn er Wurst hat?

05.09.2013 - Dresden

Mit einer guten Stunde Verspätung kommen wir beim Proberaum von Sado Sathanas an, wo schon Martin (Krell, Gitarre), Sebastian (Schlagzeug), Stefan (Jähne, Keyboard) und Mo (Gesang) rumlungern und ihr Gepäck auf dem Hof verteilt haben. Die Stimmung wirkt angespannt, weil wir etwas im Verzug sind. Unser Bus sieht das irgendwie lockerer. Noch kennt man sich nicht so richtig, aber das soll sich bald ändern. Spätestens, wenn es dann heute Abend Bier gibt.

13:30: Erstaunlich schnell ist man bei Prag, wo es eine erste Pause gibt, die einige für leckeres Fastfood nutzen. Ich gönne mir erstmal ein paar Bier für die restliche Fahrt, denn heute muss ich nicht mehr ans Steuer. Die Fahrt verläuft problemlos, überall werden die nötigen Vignetten eingesammelt und wir hören weiterhin Bon Jovi, Abba und ab und an sogar etwas Black Metal. Die Biere wirken indes, denn langsam kann man die Songs alle mitsingen.

05.09.2013 - Budapest

Gegen 20:00 Uhr sind wir tatsächlich in Budapest angekommen und können kaum glauben, wie beeindruckend diese Stadt bei Nacht aussieht. Dem Dresdener Elbufer sehr ähnlich, nur irgendwie mächtiger und größer. Der Verkehr erweist sich jedoch als beinahe selbstmörderisch, vor allem, wenn man mit zwei großen Bussen auf Parkplatzsuche ist. Irgendwie zwängen wir uns in ein Parkhaus und wollen erstmal gar nicht daran denken, wie wir das Ding dort wieder rausbekommen.

Unsere Unterkunft für diese Nacht ist ein Hostel, relativ im Zentrum gelegen, mit jeweils zwei Doppelstockbetten pro Zimmer. Jetzt kommt richtiges Klassenfahrtsgefühl auf, denn keiner will unten liegen, falls der andere Flatulenzen hat oder im Suff durchs Bett bricht. So langsam beginnt die Tourstimmung einzusetzen, denn auch der zweite Gitarrist von Sado Sathanas, Martin Himstedt, ist zu uns gestoßen.
Einige gehen was essen, wir besuchen nochmal unseren Bus, um das restliche Fahrtbier und einige belegte Baguettes einzusacken, mit denen wir uns gemütlich auf einem Platz vor unserem Parkhaus niederlassen und auf den ersten Abend anstoßen.

Vidds erste einprägsame Erfahrung ist eine nicht enden wollende Schlange von geschätzten 200 Jugendlichen, die unvermittelt und wie ein lauter Schwarm Bienen an uns vorbei strömen. Man versteht kein einziges Wort. Nicht nur, weil es vermutlich kein Deutsch ist, was die Bienen da sprechen, sondern sich die Stimmen zu einem einzigen Geräusch überlagern. Es klingt fast schon wie Drone. Tatsächlich ist es auch ein eigenartiger Anblick, da der Schwarm zu 80% aus hübschen Frauen besteht. Wir beschließen, lieber zum Hostel zu gehen, wo wir mit Erstauen feststellen, dass ein Großteil des gerade gesehenen Schwarms genau dorthin unterwegs war. Gut, bleiben wir eben noch dort, denn die Bar nebenan verkauft ohnehin günstiges Bier und hier treiben sich auch die restlichen Tourmitglieder rum, mit denen wir noch bis ca. 2:00 Uhr trinken. Dann macht die Bar leider zu.

06.09.2013 - Abschied von Budapest

Gegen 8:00 Uhr ist man schon wieder wach und fängt langsam an, seinen Kram zusammen zu suchen, denn 10:00 Uhr soll Abfahrt sein. Heute geht es bis nach Timisoara, was nochmal rund 290 km sind. Da es im Hostel scheinbar kein Frühstück gibt, oder wir es einfach nicht gefunden haben, sitzen wir 8:30 Uhr bei Burger King, die Burger mit Eifüllung anbieten. Mir wird schon schlecht, wenn ich nur daran denke, jetzt so ein Zeug zu fressen.
Während wir sitzen, beobachten wir, wie Budapest so langsam erwacht. Die Läden bereiten sich gemächlich auf den anstehenden Tag vor und die Straßen werden penibel vom Dreck der letzten Nacht befreit. Budapest ist definitiv mal wieder einen Besuch wert.

10:00 Uhr ist Abfahrt und wir quälen unseren Bus mit Hilfe einiger Angestellter aus dem äußert knapp bemessenen Parkhaus; die Fahrt kann weitergehen. Von der Autobahn aus präsentiert sich Ungarn nicht gerade von seiner interessantesten Seite. Felder, Bäume und öde Fläche, wohin das Auge reicht. Keine interessante Architektur oder markante Geographie. Atna verspricht, dass das in Rumänien anders wird. Ich glaube ihm einfach mal.



12:45 Uhr erreichen wir endlich die rumänische Grenze und hoffen, dass wir mit den zwei vollbeladenen Bussen problemlos durchkommen. Die Zöllner überraschen uns, denn nachdem sie festgestellt haben, dass wir aus Deutschland kommen und augenscheinlich eine Band sind, singt der mit den Pässen in der Hand: "1,2,3 Polizei!" und wünscht uns winkend eine gute Fahrt. Besser hätte man uns nicht empfangen können.

06.09.2013 - Timisoara, Daos Club

Im Daos Club angekommen, mussten erstmal alle Trommeln gestimmt werden, was zwar mit der Tension Watch von Sebastian gut funktioniert, sich aber als äußerst langwieriger Prozess entpuppt. Gar nicht meine Welt, hauptsache es knallt. Anschließend haben wir jedoch die große Ehre, dass Edmond "Hupogrammos" Karban und Cristian "Sol Faur" Popescu von Dordeduh (Ex-Negura Bunget) den Soundcheck mit uns machen. Jetzt bin ich sogar ganz froh, dass das Equipment einen relativ guten Eindruck macht. Entsprechend sauber klang es dann auch, was aus den Boxen kam. Manchmal lohnt sich Arbeit also doch. Schon jetzt konnte man die unglaubliche Freundlichkeit der Rumänen spüren. Alle waren gut gelaunt und freuten sich auf den Gig. Beim Soundcheck mit Macht standen schon die ersten vor der Bühne und begannen mit Headbangen. Gute Aussichten für den weiteren Abend.

Kurz darauf trafen Signatura Rerum ein, die heute als Support-Band spielen sollten. Leadgitarrist Erwin Weber erwies sich als erstaunlich schüchtern und kam nicht so richtig aus sich raus. Macht alles nichts, denn die Jungs und das Mädel sollten wir später nochmal als Abschluss in Oradea sehen. Da sich allgemein Hunger breit gemacht hatte, ging es vor dem Gig nochmal gepflegt zu McDonalds, um eine Grundlage für diese erste Anstrengung zu schaffen. Dank einer rund einstündigen Verzögerung konnten wir sogar noch Signatura Rerum sehen. Die Rumänen machten einen anständigen Job und konnten eine gute Traube Fans vor der Bühne versammeln. Hier steckt einiges Potential drin.

Der Vierer hat hier aber auch Heimspiel, hoffentlich gehen die nicht alle, wenn wir uns auf die Bühne stellen. Nein, sie gehen nicht, gutes Zeichen. Und sie blieben auch den ganzen Gig, es wurden sogar noch mehr. Bei Sado Sathanas war die Bude dann voll und man konnte schon abschätzen, dass man hier einen gelungenen Tourauftakt hingelegt hatte. Nach dem Abbau wurden noch diverse Gruppenbilder mit dem ganzen Daos-Team und einigen Besuchern geschossen.



Der gelungene Auftakt wurde später noch in unseren großzügigen Apartments mit Dusche, Kühlschrank und Balkon ausgiebig gefeiert. Atna entdeckte irgendwann die rumänische Volksmusik für sich, was uns noch die ganze Tour lang begleiten sollte. Ab sofort war die erste Amtshandlung in jeder Unterkunft, nach diesem Sender zu suchen und ihn möglichst laut laufen zu lassen; egal, ob man im Raum war oder nicht.

07.09.2013 - Abfahrt nach Petrosani

Am Morgen rief die aufgewühlte Bassistin von Signatura Rerum an und behauptete, wir hätten ihre Bassgitarre geklaut. Geklaut ist nicht das richtige Wort, aber eingepackt habe ich sie augenscheinlich. Nicht aus böser Absicht, sondern als Ergebnis meines gedankenabwesenden Einladens spät in der Nacht. Nach kurzem Aushandeln wurde beschlossen, das Ding bis nach Oradea mitzunehmen. So kann sie ihn wenigstens nicht selbst vergessen.

07.09.2013 - Petrosani, Barock Club

12:00Uhr: Abfahrt in Richtung Petrosani. Eine kleine Stadt, von der Atna uns grausame Gruselgeschichten erzählt, die von Mord und Totschlag handeln. Ich gehe jetzt bereits davon aus, dass wir diesen Auftritt nicht überleben werden. Na gut, wenigstens hatten wir einen guten ersten Gig.

Als wir schließlich im Barock Club ankommen, wird man wieder von der allgegenwärtigen Freundlichkeit übermannt. Die Leute freuen sich einen zu sehen, als würde man sich schon seit Jahren kennen. Es gibt Kaffee und aus der kleinen, etwas gruseligen Stadt wird plötzlich ein sehr freundlicher Ort. Nachdem alles aufgebaut ist, geht es ins Hotel. Ein riesiges Bauwerk, vier Sterne, sicher noch aus der sozialistischen Epoche des Landes. Unten feiert eine Hochzeitsgesellschaft. Mal sehen, vielleicht schauen wir da später nochmal rein.

Wir spielen heute nur zu zweit, ohne Vorband. Mal sehen, ob wir die Leute ziehen können. Groß ist der Club nicht, es würde also reichen, wenn zwanzig Mann kommen. Als wir anfangen, stehen doch deutlich mehr vor der Bühne und der Club tobt wie verrückt. Die Leute hier scheinen Live-Musik wirklich noch mehr zu schätzen als das deutsche Publikum. Wieder ein Erfolg. Bei Sado Sathanas brennt ebenfalls die Hütte und es steht außer Frage, dass später noch mit den Leuten gefeiert werden muss.

Mit dem Plan gleich wiederzukommen, fuhr ich den Bus nach dem Beladen erstmal zum Hotel zurück, wo es einen bewachten Parkplatz gab. Etwas mulmig war mir bei dem Gedanken schon, dass wir gleich zum Club zurück laufen würden, mitten in der Nacht, durch die Stadt, von der Atna meinte, man solle nicht als kleine Gruppe draußen rumlaufen.

Als wir losgehen ist kein Mensch auf der Straße, aber aufmerksam ist man dennoch. Plötzlich tauchen zwei Hunde neben uns auf, was mich nicht minder beunruhigt. Sie laufen friedlich neben uns her, doch ich bin dennoch skeptisch. Plötzlich stehen wir an einer Kreuzung und sind uns unschlüssig, wo es lang geht. Natürlich nehmen wir auf mein Anraten hin die falsche Straße und stehen vor einen Rudel von zehn Hunden, die laut bellen und kläffen. Es ist nicht klar, ob die Aggression uns gilt, aber unsere beiden neuen Gefährten rennen auf das Rudel zu und kläffen und bellen ebenfalls wie verrückt. Irgendwie erwarte ich in diesem Moment, dass diese elenden Viecher auf uns zu stürmen und die Beine zerreißen. Da sie das aber nicht tun, schlage ich vor, langsam aber bestimmt zurück zu gehen und doch lieber die nach links abbiegende Straße zu nehmen. Zu meiner Überraschung folgt uns nicht einer der Hunde, nur die beiden Weggefährten vom Anfang stehen plötzlich wieder neben uns. Sie scheinen etwas zu suchen und rennen immer links und rechts neben der Straße in die Büsche oder schauen in kleine Gassen rein. Beschützen die uns etwa? Es macht ganz den Anschein, denn sie begleiten uns bis zum Club, wo sie plötzlich abziehen. War das etwa tatsächlich ein Begleitschutz? Vielleicht muss ich meine Einstellung zu Hunden nochmal überdenken. Aber jetzt brauch ich dennoch erst einmal Bier. Der Schock sitzt tief. Ich bekomme einen Whiskey-Cola.



Im Barock sitzen noch einige Leute, die freundlich mit uns feiern und quatschen. Ein Gast erzählt mir, dass er immer froh ist, wenn mal Bands aus dem Ausland kommen. Wir haben eine gute Unterhaltung während plötzlich ein junger Kerl mit schwarzer Kapuze ausholt und einem ziemlich betrunkenen Mann um die 40 einen Schlag verpasst, der ihn direkt aushebelt. Das Gespräch bricht kurz ab, der restliche Club scheint kaum Notiz davon zu nehmen. Der Mann steht wieder auf und einen Schlag setzt es noch, womit der Alte auf seinem Glas landet und einige Schnittwunden davonträgt. Der Angreifer wird aus dem Club gebracht, der Niedergeschlagene ebenfalls. Ich frage mein Gegenüber, ob das hier oft passiert. Er druckst herum und meint, dass das eher selten ist. Er ist selbst kein großer Freund von Gewalt. "Wenn so etwas passiert, dann Samstag." Es ist Samstag. Die Kellnerin wischt wortlos das Blut weg und macht kurz darauf den Club zu.
Wir laufen mit ca. 15 Mann in Richtung Hotel und kommen zu siebent dort an. Der kurze Zwischenfalls hat jedwede Bewandtnis verloren. "Ey, kommt mal mit. Dort ist ein Spielplatz!" - Nichts verlockenderes, als betrunken eine derartige Gedenkstätte der Kindheit zu finden. Mann kann wieder abtauchen in die Zeit, als ein solcher Ort der absolute Traum und der Höhepunkt eines jeden Tages war. Wir verbringen locker eine Stunde mit rutschen und schaukeln, wir turnen auf diversen Trainingsgeräten und liegen im Sandkasten herum. Gegen 5:00 Uhr beschließen wir ins Hotel zu gehen. Die Gesellschaft feiert noch, wir schaffen es aber nicht mehr sie zu belästigen.

08.09.2013 - Bukarest, Private Hell

Gegen Nachmittag kommen wir in Bukarest, der Hauptstadt Rumäniens, an und finden auf Anhieb den Club. An die Fahrt habe ich keine großen Erinnerungen. Nur, dass wir einige Serpentinen gefahren sind, die mit Baustellen und roten Ampeln gespickt waren. Beides hat für rumänische Autofahrer keinerlei Bedeutung. Wir warten nur drauf, dass einer von ihnen mit Vollgas in die Schlucht stürzt.

Unser Hotel hat den Namen "Hell-O", vielleicht auch "Hello", und weist ordentlichen IBIS-Standard auf. Nur ist das Glas der Dusche relativ durchlässig und die Klotür schließt nicht richtig. Dafür haben wir weiche Betten und einen deutschen Fernsehsender, der so dumm ist, dass man es selbst nach drei Tagen Tourleben nicht aushält. Wir entscheiden uns doch lieber für einen französischen Ableger von "Takeshi's Castle" - auch nicht intelligenter, aber wenigstens amüsant, wenn man auf Schadenfreude steht.



An diesem Abend spielen wir im "Private Hell", ein kleiner Keller-Club mit schönem Gewölbe und riesiger Bar. Alles top saniert und wunderschön eingerichtet. Die Besitzerin erzählt mir später noch, dass sie sich zum Geburtstag immer ihre Lieblingsbands in den Club holt und strahlt über das ganze Gesicht. Ich glaube aber nicht, dass sie an diesem Abend Geburtstag hatte.

Die Organisation übernimmt hier Coro von Axa Valaha Productions, der normalerweise Größen wie Venom, Exhumed oder Watain betreut. Für uns wird der Abend somit zum Kindergeburtstag: Pizza, Cola, Bier und Fahrdienst. Gut, eher ein Geburtstag für erwachsene Kinder, die Black Metal spielen. Uns ging es jedenfalls ausgezeichnet und es blieben keine Wünsche offen.

Bukarest ist nunmehr der dritte Gig in Folge und so langsam könnte man eine Pause vertragen. Trotz Erschöpfung sind alle voll motiviert und die Shows laufen blendend. Sincarnate, die sich als Opener angeboten haben, legen ein wahnsinniges Brett hin und sind anschließend auch noch für ein Abschlussbier zu haben. Die Party verlagert sich kurzzeitig in den Backstage-Bereich, wo ein neuer Kasten Bier steht und diverse Songklassiker im Chor gesungen werden. Später schaffen wir es, das Club-Team davon zu überzeugen, dass wir unbedingt die Chorszene aus "Zwei wie Pech und Schwefel" brauchen. Der Choral verfolgt uns schon seit dem zweiten Tourtag und wird zu jeder Gelegenheit angestimmt. Als er durch die riesigen Boxen des Clubs ertönt, rastet die ganze Belegschaft aus und elf Mann singen wie von Sinnen "la la la la lala, la la la la lala, la la la la la lala lalalala lala". Das war nur die Initialzündung, denn bis ca. 5:00 Uhr brüllt ein Klassiker nach dem anderen durch die Boxen. Bis auf zwei Mann sind alle Gäste schon bei Zeiten gegangen. Ich will nicht wissen, was in den Köpfen der beiden armen Teufel vorgegangen sein muss, als sie diesen Exzess erleben mussten. Zum Glück ist morgen frei.

09.09.2013 - Bukarest

Irgendwie haben wir es geschafft ins Hotel zu kommen. Ich erinnere mich daran, dass ich mit Atna, Sebastian, Mo und Haupti auf der Suche nach einem McDonalds oder wenigstens etwas Essbarem in irgendeine Richtung gelaufen bin. Mo schrie auf halbem Weg noch einen Hund an, der panisch wegrannte. Leider hatten jegliche Fastfood-Restaurants bereits zu oder noch nicht offen. Plötzlich standen wir nur noch zu dritt in einer Tankstelle, wo es belegte Sandwiches und soweit ich mich erinnere auch Bier gab. Alle Einkäufe wurden am Bus vor dem Hotel eingenommen. Am Morgen erwache ich zum Glück in meinem Zimmer.

Der Start verlief an diesem Tag entsprechend schleppend und weit sind wir auch nicht gekommen, denn die vorderen Bremsen unseres Sprinters gaben den Geist auf. Relativ schnell wurde beschlossen, den ADAC zu rufen und den freien Tag dazu zu nutzen, das Auto wieder flott zu bekommen. Wie sich herausstellte, war das die beste Entscheidung, die wir treffen konnten. Der Abschleppdienst war binnen 45 Minuten da und fuhr mit drei Mann zu einem Mercedes Vertragshändler. Wir fuhren zu neunt im VW-Bus hinterher und hingen dann gut zwei Stunden auf dem Werkstatt-Gelände ab, was für einige Belustigung beim Sicherheitspersonal sorgte. Es scheint wohl eher unüblich zu sein, dass elf biertrinkende Metaller auf ihrem Hof sitzen. Der Stimmung tat das alles keinen Abbruch und kurz nach Feierabend fuhr uns ein freundlicher Mitarbeiter in unser auf ADAC-Kosten gebuchtes Hotel. Drei Sterne, beste Lage und überragende Küche. Nur die Biervorräte des Hotel gingen schneller zur Neige als wir und wohl auch das Hotel vermutet hätten.



Unser Plan für den Abend sah so aus, dass wir uns ruhig auf dem Zimmer beschäftigen würden, etwas quatschen, einen Film schauen und entspannen. Im Fernsehen lief "Austin Powers - In geheimer Missionarsstellung". Ein Film, der im Alter von Zehn deutlich lustiger ist und schnell danach verlangte, irgendwie doch an ein paar Bier zu kommen. An der Bar angekommen, kauften wir eine ganze Kiste zu 24 Flaschen, die ungefähr eine Stunde hielt. Als wir schließlich das zweite mal an der Bar waren, schüttelte der Barmann mit den Worten, "I'll be there in a minute" nur lachend den Kopf und brachte Stefan das nunmehr drölfte Essen an seinen Tisch. Wir hatten das Hotel voll in unserer Hand. Als wir den Mann nach einer weiteren Kiste Bier fragten, meinte dieser, dass er angeblich nicht mehr so viel habe. Acht Flaschen standen noch in seinem Barkühlschrank, die wir natürlich alle nahmen. "What about these four?" - Auf seinem Tresen standen weitere vier Flaschen in einem Eiskühler. "Can we buy them?". "These are for my guests...". "We are guest!? We pay them now!" Zuerst wollte der Barmann die Flaschen nicht rausrücken, doch nach einigem Hin und Her, konnten wir ihn doch überzeugen, dass wir das Bier dringend bräuchten. Lange sollten diese 12 Flaschen aber leider nicht reichen.

Gegen 2:30 Uhr waren die Vorräte wieder mal alle und beim dritten Versuch, dem Barmann doch noch weiteres Bier abzukaufen, musste man mit Erschrecken feststellen, dass die Bar schon geschlossen hatte. Die Dame an der Rezeption gab vor nicht zu wissen, wo es zu der Zeit noch Bier gäbe, aber das Sicherheitspersonal im Raum nebenan beschrieb uns freudig den Weg zu einem kleinen 24-Stunden-Kiosk. "Na los, gehen wir halt da hin." - Ohne zu wissen, wie weit es sein würde, machten wir uns auf den Weg. Nachdem wir ca. 30 Minuten im Regen unterwegs waren, Geld geholt hatten und 14 Dosen Ursus unser Eigen nennen konnten, kamen wir wieder im Hotel an, wo die Party weitergehen konnte. Austin Powers war längst vorbei, aber das rumänische Fernsehen bringt ja zum Glück die ganze Nacht beste Folklore.

10.09.2013 - Bacau, S4

Würde man den Abend mal durchrechnen, käme man wohl auf ein hohes Sümmchen. Mit Abendessen und Barleerkauf haben wir dem Hotel einen ordentlichen Umsatz eingebracht und als am Morgen langsam alle im Foyer ankamen und einer nach dem anderen auscheckte, hatte sich die Geschichte beim Personal bereits rumgesprochen. "Are you a rock band or something?" - "Yeah, two bands. Black Metal...".



Wir fuhren mit dem VW-Bus in Richtung Bacau und vollbrachten es, gefühlte fünf mal am riesigen Triumph-Bogen der Stadt vorbei zu fahren, den ein riesiger, dreispuriger Kreisverkehr umrahmt. Irgendwann schafften wir es tatsächlich auch aus der Stadt raus. Die anderen mussten noch den Sprinter aus der Werkstatt holen und kamen etwas später an. Ziel war heute der S4 Club - ein Club, der wie eine Arena aufgebaut ist, mit runder Bühne und einem großen Balkon von dem aus man alles überblicken konnte. Der erste Eindruck war überragend und beim Aufbau konnte man es kaum erwarten, dieses runde Ungetüm zu bespielen. Vorher gab es jedoch erst noch Pizza und Bier - die perfekte Grundlage für einen erfolgreichen Gig.

Die Zeit bis dahin verging dann auch zügig und mit den ersten Tönen war man wieder voll drin. Hinter dem Set konnte man alles schön überblicken und gemütlich seinen Blick durch die Runde schweifen lassen. Die Leute schienen Spaß zu haben. Gut so, denn wir hatten den auch. Wie immer schien das Set nur 10 Minuten zu gehen, denn sobald man angefangen hatte, war man auch schon wieder beim letzten Song. Die Leute gingen nochmal ordentlich ab und kurz darauf waren Sado Sathanas an der Reihe.
Jetzt hieß es schnell sein, denn seit einigen Tagen war es zur Gewohnheit geworden, beim Opener Gastvocals beizusteuern und nachher vor der Bühne ordentlich abzugehen. Sobald ich vor der Bühne stand, lagen links und rechts Arme auf meinen Schulter, was mich aufforderte mizubangen. Bacau will also einen Headbang-Contest? Könnt ihr haben!

Die Gigs waren zuende, doch Clubbesitzer Arhicon Emi hatte noch nicht genug und rief zur großen Jam-Session auf. Keine Ahnung, was wir gespielt haben, aber irgendwas zwischen Death Metal, Doom und ordentlichem Geknüppel. Später spielte Arhicon noch mit seinem eigenen Projekt zwei Titel, die ordentlich nach vorn gingen und allgemeine Jubelstürme hervorriefen. Nach dem Abbau ging es erstmal ins Hotel, einchecken und Zimmer inspizieren, und gleich wieder mit dem Taxi zurück in den Club, denn Arhicon versprach uns noch eine wilde Party. Leider ging die nur noch eine halbe Stunde, denn der Laden war beinahe fertig gesäubert und alle Stühle standen bereits oben. Zum Abschluss zerbrach ein Mitarbeiter beim Versuch sich zu setzen noch einen Tisch und riss beim gehen die Klinke ab. Warum auch nicht?
Der Club war zu, Ahricon weg und wir standen etwas ratlos in der Stadt rum. Nachdem wir einen willigen Taxifahrer gefunden hatten, ging es mit gut 100 km/h durch kleine Gassen. Der Mann holte alles aus seinem alten Dacia raus und ich hatte wieder einmal mit meinem Leben abgeschlossen. Wir schafften es überraschender Weise lebend anzukommen und überzeugten den Rezeptionisten, uns noch zwölf Bier zu verkaufen. Mit denen sollten wir uns leise auf unsere Zimmer begeben, um keine Gäste zu stören.

Nachdem wir zuerst einen falschen Raum geöffnet hatten, in dem ein nackter Mann vor dem Fernseher lag, fanden wir den Rest der Truppe allesamt in einem Zimmer und beschlossen die zwölf Bier dort zu trinken. Wir fachsimpelten über das eigenartige Loch im Balkon und über das beinahe doomige Zuggeräusch, das alle halbe Stunde in der Ferne losratterte. Irgendwann fand Atna seinen geliebten Folklore-Sender und Krell bot freundlich an, dass er auch gehen könne, wenn es heute nicht so spät werden soll. Zu der Zeit war es jedoch bereits kurz vor 5:00 Uhr und er durfte bleiben. Ob wir leise genug waren, müssen die anderen Gäste entscheiden.

11.09.2013 - Großpold

Der letzte Day-Off vor der Heimfahrt wurde dazu genutzt nach Großpold in Siebenbürgen zu fahren, wo uns Seppi Stieger freundlicherweise für zwei Tage auf seinem Hof aufnahm. Die Landschaft wurde immer eindrucksvoller und wechselte zwischen großen Bergmassiven hin zu einer karpatischen Toskana, die von Licht durchflutet wurde. Bevor es zu Seppi ging, wurde in Sibiu schnell Proviant geladen: drei Brote, drei Flaschen Cola und drei Stiegen Bier.



Von Seppi wurde im Vorhinein lediglich erzählt, dass er zwei riesige Hunde habe, Odin und Bismarck. Angeblich friedliche Weggefährten, nur wenn man aussteigt bevor Seppi den Tieren klarmacht, dass man ungefährlich ist, kann das blöd ausgehen. Die Geschichte kam wieder von Atna und meine naturgegebene Furcht vor Hunden ließ mich erneut skeptisch werden. Als wir letztendlich auf der Bergkuppe an der kleinen idyllischen Hütte ankamen, erwiesen sich diese riesigen Fellberge als das friedlichste und kuscheligste, was ich an Hund seit Langem gesehen habe. Nach fünf Minuten hörten sie bereits aufs Wort und wollte man nicht allein in den Wald gehen, konnte man sich problemlos einen dieser riesigen, wachsamen Hunde hinzurufen. Selten erlebt man eine derart friedliche Atmosphäre. Generell strahlte dieser Berghof eine fast majestätische Ruhe aus, die einen sofort entspannen ließ. Hinzu kam ein eindrucksvolles Panorama auf die siebenbürgischen Wälder und der Duft von frisch gekochtem Gulasch, für das Seppie einige Tage zuvor ein Wildschwein geschossen hatte. Kartoffeln, Paprika und Tomaten waren zudem aus eigenem Anbau - das ist mal wirklich ökologisch und kann verdient mit dem Präfix Bio- bestückt werden, denn direkter bekommt man Lebensmittel einfach nicht. Das Fleisch zerging regelrecht auf der Zunge, ein wahres Ess-Erlebnis.

Diesen freien Abend verbrachten wir nach dem Essen im Vorraum der kleinen Hütte und mit den drei Stiegen Bier, die wir aus Sibiu mitgebracht hatten. Später fuhren noch einige runter nach Großpold, die meisten schliefen jedoch unter freiem Himmel oben auf dem Berg, bewacht von Odin und Bismarck, die immer wieder ihren Kontrollgang machten. Hier war man in Sicherheit.

12.09.2013 - Sibiu, Rock & Bike Pub

Am Morgen gab es mit frischem Weißbrot, selbst geernteten Tomaten und Paprika sowie Käse und Wurst ein ausgewogenes Frühstück. Für alle wanderlustigen bot Seppi danach eine kurze Tour zu einem Kalksteinfelsen an, den die Einheimischen Teufelsaltar nennen. Eine alte heidnische Kultstätte mit Blick auf die umliegenden Wälder. Erstaunlich, wie anstrengend Laufen sein kann, hat man sich doch die letzten Tage nicht annähernd so viel bewegt wie hier. Die Tour ging zeitweise quer durch den Wald, wo man diverse Jagdstellen und Aufnahmen von Bären gezeigt bekam. Laut Bilddokumentation waren in der vergangenen Nacht sogar Bären ganz in der Nähe zu Gange. Nach etwas mehr als einer Stunde kamen wir völlig erschöpft an der Hütte an. Der Ausflug hatte sich gelohnt, schön zu sehen, wie friedlich und naturbelassen diese Gegend noch ist.



Nachdem Krell und Himstedt ihre Gitarren repariert hatten, packte man langsam allen Kram zusammen, um nach Sibiu zu fahren, wo wir im "Rock 'n' Bike Pub" spielen sollten. Nach einem kurzen Toilettenstop in Großpold fuhren wir weiter. Nach gut zehn Minuten kam Sebastian auf die clevere Idee mal nachzufragen, ob denn auch alle da sind. Augenscheinlich saß Vidd noch auf dem Pott, denn im Bus war er nicht. Unter schallendem Gelächter ging es zurück, wo unser Sänger schon grinsend im Hof stand und mit: "Na, ausgeschissen?" empfangen wurde.

Der Club in Hermannstadt erwies sich als äußerst klein und nach dem Schlagzeugaufbau war von der Bühne nicht mehr viel übrig. Trotzdem schaffte man es, einen relativ ordentlichen Sound zu kreieren und auch an der Stimmung im Club gab es nicht viel auszusetzen. Lediglich die großen Bierhaustische hätte man wegräumen können, um so mehr Leute zu motivieren, sich stehend über die Musik zu freuen und nicht oktoberfestgleich auf den Bänken auszuharren. Insgesamt jedoch ein gelungener Abend. Sado Sathanas bekamen von Daniel noch eine dezente Soundkorrektur verpasst und nach einem kurzen Interview mit der lokalen Metalpresse und einem schnellen Abbau ging es wieder zurück auf den Berg, wo das restliche Bier geköpft und bis ca. 6:00 Uhr die besten Witze erfunden wurden. So beispielsweise der erste chinesische Auswanderer? Flücht-Ling. Und sein Kind? Früh-Chen! Selbst den Hunden wollte das Lachen nicht aus dem Gesicht weichen.

13.09.2013 - Cluj Napoca, Flying Circus

Gegen 11:00 Uhr war ich wach und musste so langsam in die Gänge kommen, da man sich unten in Großpold mit dem Rest der Tourmannschaft treffen wollte, um gemeinsam nach Cluj Napoca (Klausenburg) zu fahren. Bei McDonalds traf man sich schließlich, schaufelte sich noch ein bisschen Junk Food rein und nutzte die Gelegenheit, um nochmal allen Ballast von sich zu werfen. Gegen 13:30 Uhr ging man schließlich den Weg nach Klausenburg an, den ich größtenteils mit schlafen verbrachte.

Den "Flying Circus" zu finden erwies sich indes als schwierige Aufgabe, denn die Gassen wurden immer enger und unsere Busse blieben groß und sperrig. Zudem konnte man natürlich an den dafür günstigen Kreuzungen nicht in die entsprechende Richtung abbiegen und musste mehrmals riesige Runden um das Zentrum fahren. Irgendwann schaffte man es, einen geeigneten Parkplatz zu finden und konnte mit dem Entladen beginnen. Der Club lag wieder in einem Keller, war aber deutlich größer und beherbergte schon Bands wie Vader, Watain oder Dimmu Borgir. Die hatten sicher dank genügend Roadies kein Problem mit der ungemein steilen Treppe über die man alles Bühnenequipment in das Kellerverließ schleppen musste. Wir waren froh, die Amps gerade noch heil runter zu bekommen. Irgendwann war diese Hürde auch genommen und man konnte fröhlich an den nunmehr sechsten und vorletzten Schlagzeugaufbau der Tour gehen. So langsam ging das auch routinemäßig schnell von der Hand.

Als Vorband hatten sich heute Sinfold aus Rumänien verpflichtet, die einen gängige Mischung aus Death Metal, leicht progressiven Doom-Einflüssen und melodischen Riffs präsentierten. Als Lokalmatadore hatten diese natürlich einen guten Stand und bewiesen musikalisch auch, dass der gerechtfertigt war. Bassist Daniel Sipos war mir schon beim Soundcheck sympathisch, als er Sleeps "Dragonaut" anspielte. Ein bisschen Stoner Metal hätte dem Abend sicher auch nicht schlecht gestanden. Die Kollegen zu überzeugen, schnell auf Stoner Doom umzusatteln war jedoch aussichtslos.



War man bisher vom Publikum ziemlich verwöhnt worden, erwiesen sich die Klausenburger als geübte und routinierte Konzertgänger: verschränkte Arme und dezentes Nicken, falls man an einem Riff Gefallen gefunden hatte. So schnell wie in Petrosani oder Bacau konnte man hier keinen hinter dem Ofen hervor locken. Im Nachhinein bekam man jedoch für beide Bands gute Resonanz. Die anschließende Party bewies auch, dass man das Publikum nicht absolut gelangweilt hatte, denn immer wieder kamen Leute auf einen zu und gaben wohlwollende Kommentare ab.

Später legte dann noch ein DJ auf, der feinste Metal-Klassiker und Musik aus der metallischen Peripherie zum Besten gab. Dazu standen im Backstage diverse Kästen Bier und mit den Jungs von Guerillas konnte man ordentlich Party machen. Diverse Bier und Headbang-Runden später war es schon wieder 6:00 Uhr und der Laden leerte sich langsam. Zum Glück konnte man mit dem Clubbesitzer aushandeln, das Equipment am kommenden Morgen abzuholen. Diese elend steile Treppe war jetzt schon ohne Gepäck nicht mehr leicht zu erklimmen. Zum Abschluss gab es in der kleinen Pension, die von einem älteren Herren geführt wurde, noch ein Gute Nacht-Bier. Danach wurde es schon hell.

14.09.2013 - Oradea, Abyss

Das heutige Ziel macht schon im Vorhinein durch vielfältige Gerüchte von sich Reden, die besagen, dass der hiesige Bürgermeister kein großer Freund von anti-christlichem Black Metal ist und unter Umständen das Konzert verbieten werde. Wie viel Wahrheit dahinter steckt, konnte man nur schwer abschätzen. Sicher war nur, dass Oradea so etwas wie ein religiöser Wallfahrtsort ist, zu dem wohl häufig riesige Menschenmassen pilgern. Deutlich wurde das auch an unserer Unterkunft, die in einer Art Pensions-Stadtteil lag, mit einer riesigen Kirche im Zentrum. Diese omnipräsente Heiligkeit hielt aber im gegenüberliegenden Restaurant auch keinen davon ab, sich gegenseitig aus dem Lokal zu prügeln.
Als man schließlich wieder im "Abyss" ankam, wollte dieses dezent mulmige Gefühl vom Anfang nicht weichen. Wohl aus Verlegenheit witzelten alle, dass die Instrumente sicher beschlagnahmt und der Club geschlossen sei, sobald man wieder dort ankommt. Entsprechend erschrocken war man, als bei der neuerlichen Ankunft bis auf das Schlagzeug auf der Bühne tatsächlich alles weg war.

Natürlich war der Grund dafür keine Beschlagnahmung, sondern die Weitsicht und Freundlichkeit des Personals, welches alle Instrumente und dazugehörigen Sachen in den Backstage-Raum beförderte und sich somit schnell als unheimlich kompetent und offenherzig erwies. Wieder merkte man, dass man seinem ersten Eindruck nicht gleich folgen sollte, denn Rumänien tickt doch immer etwas anders als man es erwarten würde. Kurz nach uns trafen auch Signatura Rerum ein und eine freudig strahlende Bassistin bekam ihre weitgereiste Gitarre zurück. Heute klappte es von Anfang an zwischen den Bands und die Scheu von Timisoara war schnell vergessen.



Vor uns sollten noch drei Bands spielen: Großgrinden, Charnabon und Signatura Rerum. Großgrinden sind eine recht junge Band, was man schon daran merkte, dass deren Drummer mich fragte, wie man ein Hi-Hat befestige. Ich zeigte es ihm und konnte kaum glauben, was ich da auf den Ständer schrauben sollte. Das Hi-Hat sah aus, als hätte es mehrere Kriege als Kugelfang miterlebt und müsse nun hier an seiner letzte Station noch als Krachmacher herhalten.
Charnabon waren da schon professioneller und konnten schnell Leute ziehen, denn ihr leicht thrashiger Black Metal geht voll nach vorn und weiß mit viel Groove und Aggressivität zu überzeugen. Eine Kombo, die man sich merken sollte, wenn man auf kalten und fiesen Black Metal steht.
Auch Signatura Rerum machten ihre Sache wieder gut und kamen nur einmal mit ihrem digitalen Drummer ins Rudern, denn wenn der einmal spielt, hört der auch so schnell nicht auf. Kein Problem, die Leute nahmen es den jungen Rumänen nicht krumm und machten ordentlich Party vor der Bühne.

Mit diesen positiven Eindrücken vom anwesenden Publikum konnte man ja nur mit vollem Elan an die Sache gehen und man sollte nicht enttäuscht werden. Oradea gab nochmal alles und mit frenetischem Kampfeifer tobte es wie wahnsinnig vor der Bühne. Eine unglaubliche Hitze kam in dem kleinen Kellerloch auf und spätestens nach dem zweiten Song war man klitschnass. Unglaublich, welche Energie an diesem Abend nochmal entfesselt wurde. Es war ein perfekter Tourabschluss für den man nur dankbar sein kann. Nach uns zimmerten Sado Sathanas noch ihr Brett runter und wurden gleichsam mit Jubel befeuert. Das Abyss zog nochmal alle Register und machte einen klar: dem rumänischen Publikum kann kaum eine andere Nation etwas entgegensetzen.

Nach dem Abbau ging es wieder zurück in unsere Pensionsstadt. Vorher irritierte man noch die ansässige Polizei, indem man sich freiwillig für einen Alkoholtest anbot, um unnötigen Stress zu vermeiden. Die zwei Polizisten lehnten verwundert und dankend ab. Ob wir aus Deutschland kämen wurde gefragt und ob wir hier gerade gespielt hätten. Hatten wir und es gefiel den beiden. Ohne Probleme konnte man nun in Richtung Pension fahren, wo der endgültig letzte Abend dieser Tour anstand. Noch ein letztes Mal rumänische Folklore, noch einmal Revue passieren lassen, was die vergangenen zehn Tage alles mit sich brachten. Viel zu viel, um alles erzählen zu können und viel zu eindrucksvoll, um es jemals zu vergessen.



15.09.2013 Rückreise

Frisch und fruchtig ging es am Morgen ans Umräumen der Fahrzeuge, denn ein Bus sollte gleich nach Chemnitz weiterfahren und der andere noch in Dresden Halt machen, um Sado Sathanas auszuladen. Vor der Abfahrt aß man hier und da noch die Reste auf, die irgendwo im Bus verteilt lagen, dann ging es los: 950 km, 10 Stunden Fahrt, drei zu durchquerenden Länder und ein Bündel an Erinnerungen reicher.

Zeit den Leuten zu danken, ohne die eine solche Tour nicht möglich gewesen wäre. Besten Dank an Sebastian von Sado Sathanas sowie Atna von Macht für Organisation und Planung. Vielen Dank an Seppie Stieger, der uns zwei Tage auf seinem Hof aufgenommen und vorzüglich beköstigt hat. Herzlichen Dank an alle Clubbesitzer für den stets reibungslosen Ablauf bei den Gigs. Ein großes Lob, Grüße und Dank an Coro von Axa Valaha Productions für die perfekte Betreuung in Bukarest. Großen Dank an den ADAC, der uns schnell und unkompliziert geholfen und ein super Hotel arrangiert hat sowie an die Mercedes-Werkstatt in Bukarest, die schnell und sauber gearbeitet haben und sogar einen kostenfreien Transport organisierten. Und zu guter Letzt, danke Rumänien, ihr ward großartig - Multumesc!