Scheune, Dresden
Es ist ein Mittwoch im Juni als wir langsam durch die Louisenstraße in die Dresdener Neustadt einfahren. Volksfestartige Szenen eröffnen sich uns beim Erblicken der tausenden Menschen, die neben und vor allem auf der Straße sitzen. Ein Parken ist hier nahezu unmöglich und dabei ist es gerade einmal 20.00 Uhr. Dieser Zustand ist für die Neustadt jedoch völlig normal und keinesfalls Vorbote der anstehenden Messe. Den meisten Bart- und Brillenträgern ist wohl nicht einmal bewusst, dass in gut einer Stunde drei Typen aus North Carolina die Scheune in Schutt und Asche legen oder besser in Schall und Rauch hüllen werden. Weedeater haben wieder einmal in die Fürstenstadt gefunden, um ihr neues Album "Goliathan" zu kredenzen. Eine wuchtige Ehrerbietung an die verbotene Frucht des 21. Jahrhunderts, das Kraut an das sich die Politik nicht traut. Dixie und Co. sind sozusagen die Botschafter des guten Geschmacks und der Beweis, dass man bei ausgedehntem Weed-Konsum vielleicht nicht alles kann, aber immerhin mit Unterstützung einiger auf 11 gedrehter Amps, einem Bass, einem irrwitzigen Drummer und einer Gitarre ziemlich derbe Klangwelten erschaffen kann, die einem den Mageninhalt umsortieren.
Belzebong
Doch bevor die große Sause losgehen sollte, durfte man noch einen ganz dicken Support-Act bejubeln, der so gar nicht vorgesehen war. Das Trio Belzebong aus Polen sprang kurzfristig für die Metalcore-Vorreiter Today Is The Day ein, die ursprünglich mit Weedeater auf Tour sein sollten. Im Grunde ein Glücksfall, denn Belzebong hatten nicht nur ihre neue Platte "Greenferno" am Start, sondern musikalisch auch die funktionalere Nähe zum Hauptpunkt des Abends. Das bewiesen sie auch ab der ersten, markerschütternden Note. Dichter Bass, sphärische Riffs und wuchtige Drumpattern raunten einem aus der Dunkelheit, welche die Bühne umgab, bitterböse entgegen. Die Bretter selbst konnten nicht anders, als in der Frequenz des Basses mitzusurren. Nicht anders erging es dem im süßen Dunst versinkenden Publikum. Keiner vermochte sich den Schwingungen zu entziehen und der Saal wippte und wiegte sich weltvergessen in alle Richtungen. Erst als Drummer Hexy Dude einen furiosen Blastbeat auspackte, der unerwartet sauber auf das zähflüssige Sludge-Riff der anderen Dudes passte, schaute der ein oder andere ob der plötzlich hereinbrechenden Geschwindigkeit verdutzt auf. Ein dickes Ding, das die Polen hier aus dem Sack holten. Lediglich Gesang könnte hier an der ein oder anderen Stelle noch etwas mehr Abwechslung in das druckvolle Geschehen bringen. Aber wer bin ich, um solche Ansprüche zu stellen?
Weedeater
Es ist etwa 22:00 Uhr oder irgendwas in der Drehe, als Travis "T-Boogie" Owen die Bühne betritt und nach einem kurzen Drumcheck mit einem lässigen "Don't get to excited yet" die wartende Meute vertröstet. Keine fünf Minuten später standen schon alle Beteiligten, so gut es eben noch ging, auf der Bühne und gefühlt Jeder im Saal war very excited. Absolut begründet, wie sich schnell herausstellen sollte. Denn "Dixie" war bei Stimme, der Bass fickte einem das Knopfloch kaputt und der Trommler wartete unentwegt mit zirkusreifen Tricks auf, ohne dass auch nur ein Schlag daneben ging. Das Trio zeigte sich in Höchstform und vor der Bühne wurde dies mit wehenden Mähnen und taumelnden Leibern gedankt. Die drei Rednecks ließen ihrerseits neben einigen neuen Tracks wie "Goliathan" und "Battered & Fried" auch kaum einen Klassiker aus. So kam man in den Genuss von "Weed Monkey", "Gimme Back My Bullets", und natürlich dem Prunkstück "God Luck and Good Speed". Eine Augen- und Ohrenweide, die hier geboten wurde. Währenddessen wurde auch die Stimmung im Saal immer dichter und wie bei Weedeater üblich, kam man schnell in einen kontemplativen Rausch, der bald alles umhüllte und man nicht mehr sagen konnte, wo der Bass anfängt und die Gitarre aufhört.
Weedeater
Eine einzige Wonne, die an diesem Juniabend in der Dresdener Scheune geboten wurde. Gute Organisation und fast pünktliche Startzeiten machten sogar die etwas weitere Anreise praktikabel, welche sich für dieses Paket mehr als gelohnt hat. Sowohl Belzebong als auch Weedeater konnten auf ganzer Linie überzeugen und hinterließen wieder dieses wohlig brummende Gefühl im Brustkorb, das man noch am nächsten Tag spürt, während man, den erheiternd süßen Duft in der Nase, auf Arbeit sitzt und sich fragt, warum nirgends beruhigende Sludge-Riffs aus den Boxen kommen.