Die Briten Annotations Of An Autopsy scheinen eine typische „Arbeitsgruppe“ zu sein. War ihre Debüt-EP „Welcome To Sludge City“ noch unter aller Sau, zeigten sie mit „Before The Throne Of Infection“ bereits ein Jahr später, dass sie wirklich was von Musik verstehen. Das war zugegebenermaßen immer noch keine Offenbarung, konnte jedoch schon mal ohne weitere Bedenken dem Genre Deathcore zugeordnet werden.
Und anno 2010 schaffen es die Mannen um Vokalist Steve Regan dann mit „Reign Of Darkness“ noch einen deutlichen Schritt nach vorn in die Ränge anerkannter Größen wie Suffocation, War From A Harlots Mouth oder Whitechapel. Mit einem Label wie Nuclear Blast im Rücken fällt das sicher noch etwas leichter.
Nach straightem Deathcore klingen Annotations Of An Autopsy dabei nur noch selten; die Pig Squeals von Steve Regan gehören der Vergangenheit an, inzwischen regiert das typische Deathgrowlen, das ihm und der Musik auch wesentlich besser steht; auch das Riffing geht größtenteils eher in Richtung (Brutal) Death Metal.
Im Gegensatz zu Whitechapels diesjähriger Veröffentlichung lassen die Briten jegliche elektronischen Spielereien jenseits der Stamminstrumente weg, streuen nur ein paar kleine Samples ein und verlassen sich auf eine drückende aber nicht zu klare und sterile Produktion, die dem Sound der Band mehr als entgegenkommt. Es mag Geschmackssache sein, aber ich empfinde eine etwas erdigere Produktion wie diese stets als vorteilhaft für brutalen Metal.
Mit viel Spielspaß und ein paar Gangshouts beginnt beispielsweise „Bone Crown“, das äußerst abwechsungsreich gestaltet ist, ohne – wie noch beim Vorgänger geschehen – durch die kombinierten Elemente unglaubhaft zu wirken. Fetter Groove und Hochgeschwindigkeitspassagen geben sich gekonnt die Klinke in die Hand, wobei sich Bradley Merrys Schlagzeugarbeit ohne Ausbrecher den songwriterischen Anforderungen und der Stimmung der Tracks verschreibt. Er holzt nicht alles planlos mit Blastbeats oder unnötig vielen Breaks klein, sondern zieht dort an, wo es nötig ist und lässt an den passenden Stellen weg, was den Hörer übersättigen oder gar überfordern würde. Große Klasse!
Ein weiterer Pluspunkt ist die schon erwähnte super Gesangsleistung von Steve Regan. Er klingt nicht nur wütend und böse tief, sondern ist dabei auch noch verstehbar. Verzerrungen seines Gesangs gibt es nur an wenigen Stellen, und wenn, dann um die Musik effektvoll zu unterstützen. Ein Klasse Beispiel dafür ist „Born Dead“, das außerdem durch schöne melodische Leadgitarren im Schlussteil glänzt. Überhaupt wurde viel Arbeit in die Differenzierung der einzelnen Songs gelegt, da jeder für sich deutlich wiedererkennbar ist. Ein Trademark, das nicht gerade viele der wie Pilze aus dem Boden schießenden Bands im Death Metal bzw. Deathcore ihr eigen nennen können.
Die Spielarten des Genres meistern Annotations Of An Autopsy auf „Reign Of Darkness“ ohne große Schwierigkeiten und liefern dabei noch Knaller wie „Catastrophic Hybridization“ oder „Cryogenica“ ab. Da verzeiht man ihnen gern kleine Hänger gegen Mitte und Ende des Albums, wo der Spannungsbogen manchmal etwas verloren geht.
Der Daumen für „Reign Of Darkness“ zeigt deutlich nach oben, auch wenn das Quintett sich (noch?) nicht als Messias des Genres versteht. Gekonnt verweben sie allseits bekannte Elemente auf authentische Weise zu einem eigenen Potpourri, bei dem garantiert jeder existierende Nackenmuskel beansprucht wird. Für das Album kann ich ruhigen Gewissens eine Kaufempfehlung aussprechen und nur jedem wärmstens empfehlen, die Jungs in Zukunft im Auge zu behalten!