Zwei Jahre sind seit „The Great Misdirect“ ins Land gegangen, bevor Between The Buried And Me nun mit „The Parallax: Hypersleep Dialogues“ eine halbstündige EP nachlegen, die es in sich hat (ich gebe gerne zu, dass der letzte Nebensatz von rein rhetorischem Charakter getragen wird). Was in anderen Genres ein vollwertiges Album wäre, mutet hier wie der Versuch an, die unfassbare und dementsprechend unbeschreibliche Kost der Band in etwas kleinerer, verdaulicherer Form zu kredenzen. Doch wer den Weg der US-Amerikaner aufmerksam mitverfolgt hat, weiß einfach, dass es sich dabei um ein schier unmögliches Vorhaben handelt.

War „Colors“ der bisherige Schaffenshöhepunkt von Between The Buried And Me, wobei sie ihre Mischung aus Progressive Metal, Mathcore und Metalcore jederzeit nachvollziehbar gestalteten, kam „The Great Misdirect“ etwas zu inhomogen und in seiner gesteigerten Experimentierfreudigkeit und Genre-Offenheit noch nicht ganz ausgereift daher.

Mit „The Parallax: Hypersleep Dialogues“ gelingt es dem Quintett um Sänger und Keyboarder Tommy Rogers auf eindrucksvolle Weise, sich im Stil treu zu bleiben, aber neue Akzente zu setzen. Die drei im Durchschnitt jeweils zehnminütigen Songs wollen sich dem Hörer natürlich nicht von selbst erschließen und fordern einen aktiven Hörgenuss ein. Mit ihrer enormen Bandbreite an verwandten Musikstilen – komprimiert auf engstem Raum – tun sie das sogar noch mehr als auf den bisherigen Outputs. Aber es gibt ein Momentum, das den Hörer von Anfang an gefangen hält – das Spiel mit den Klangfarben.

Wie ich es bisher vielleicht nur bei Opeth erlebt habe, investieren Between The Buried And Me unheimlich viel Liebe ins Detail, wenn es um das klangliche Aus- und Untermalen ihrer musikalischen Landschaften geht. Diese Reise mit Worten nachzuvollziehen entbehrt jedes Versuches. Allein die benutzten Gitarrensounds weisen eine Bandbreite ohne gleichen auf. Wenn die US-Amerikaner zwischen den einzelnen Songteilen wechseln, dann ist das Soundgewand das tragende Element. Es verhindert auf magische Weise das Gefühl der Unstimmigkeit, wenn beispielsweise in „Augment Of Rebirth“ vom Prügelpart in die (mittlerweile schon bekannte) Polka übergeleitet wird, das Thema ausgebaut und wieder „zerspielt“ wird. Es verhindert auch, dass die melodiebeladenen Refrains von „Specular Reflection“ und „Lunar Wilderness“ fehl am Platz wirken. Hier sitzt alles am rechten Fleck – perfekt durchkomponiert.

Wer ein Wechselbad von Gefühlen sucht und mit authentisch vertonter Wut, Melancholie, Fröhlichkeit und Ironie auf so kleinem Raum gut klarkommt, ist hier bestens aufgehoben. Dass man jederzeit mit „rhythmischen Schwankungen“ im Stile von Meshuggah rechnen muss und in jedem der Songs auf exzessiv „ausgelebte“ Songstrukturen und -dynamiken trifft, tut der Scheibe diesmal überhaupt keinen Abbruch. Allein Tommy Rogers cleane Gesangslinien entfachen eine wahre Sucht im Hörer.

Between The Buried And Me liefern mit „The Parallax: Hypersleep Dialogues“ das bisher intensivste Material ihrer Karriere ab, dass in erster Linie nicht beschrieben sondern gehört werden will. Für Fans der Jungs aus North Carolina eine uneingeschränkte Kaufempfehlung, für alle anderen mit masochistischer Ader und Engelsgeduld ein unbedingter Anspieltipp – denn nach der (Hör-)Arbeit kommt das (Hör-)Vergnügen!

Between The Buried And Me · The Parallax: Hypersleep Dialogues · 2011

Redaktion

verfasst von ewonwrath
vom 27.04.2011

10 / 10

Playlist

01 - Specular Reflection
02 - Augment Of Rebirth
03 - Lunar Wilderness