Warum bekommt diese Platte 10 von 10 Punkten? Es gibt nicht viele Dinge, die so etwas heutzutage noch rechtfertigen würden, richtig.
Vielleicht Professionalität? Die besitzen The Black Dahlia Murder ebenso wie jede dritte Gruppe unter dem Stern des modernen Metals auch. Spieltechnik? Na klar doch. Aber auch das sind für die meisten Bands olle Kamellen - schnelles und präzises Riffing, variable Screams und Gruntings bietet jeder nach Bedarf feil. Dann ist es vielleicht die enorme Kreativität, die den US-Amerikanern die 10 Punkte beschert? Weit gefehlt! Bei zig Millarden Menschen auf dieser Welt gibt es Ideenreichtum ohne Ende, auch wenn der sich leider nicht immer im Bereich der härteren Musik zeigt. Liegt es daran, dass The Black Dahlia Murder alles oben Aufgezählte miteinander vereinen? Nein, nein und nochmals nein. Es ist nicht einmal das.
Es liegt an der geheimen Komponente, an einer Fähigkeit - oder besser Gabe - die nur äußerst wenigen Bands zukommt und die ich mal etwas hochtrabend "Energieübertragung" nennen möchte. Ein Phänomen, dass sich folgendermaßen bemerkbar macht: von der ersten Sekunde an zuckt der Schädel bei den geilen Thrashparts, die Speedblasts lassen etliche Synapsen zerbersten, und wenn der bleierne Todespanzer gefahren wird und die fiesen Vocals dazu einsetzen, dann breitet man (mindestens) innerlich die Arme aus und explodiert einfach.
Das hat wahrscheinlich schon mehr mit Mystik zu tun, mit Erfahrungsbereichen, die nicht mehr in Worte zu fassen sind. Gleiches kenne ich beispielsweise von Behemoth, wobei ihre Musik live noch extremer wirkt. The Black Dahlia Murder schaffen es mit "Nocturnal" ein Album zu schaffen, dass aus purer Energie besteht und sofort infiltriert. Sie rasen in knapp 35 Minuten mit Vollgas durch das Grusel-und-Horror-Genre, setzen gekonnt Death und Black Metal Elemente zusammen, wie sie es auch schon auf ihren Vorgängern zelebrierten, lockern das Ganze mit ein wenig Thrash, genialen Breaks und tollen Soli auf. Einen Song aus den zehn Granaten hervorzuheben, wäre vergebens, weswegen ich mich gar nicht erst daran versuche. Das Songmaterial ist äußerst homogen, dabei hat jeder Song seine Höhepunkte und seinen eigenen Wiedererkennungswert. Jede Note ist eingespielt, als ob es die letzte im Leben des Spielenden sein könnte. Absolute Hingabe.
Was soll man noch großartig zu einer Band sagen, der selbst von Nile Tribut und Respekt gezollt wird? Dabei sind die Jungs kein bisschen abgehoben, sondern machen nur das, was sie gut können: Musik, die Leute wie mich regelmäßig zum ausrasten bringt und für die Ewigkeit geschrieben ist, da sie nach der Repeat-Taste verlangt wie der Verdurstende in der Wüste nach Wasser...
...und deswegen 10 von 10 Punkten!