Mit „This Is Exile“ haben Whitechapel schon einen großen Schuss ins Herz aller Deathcore-Fans gelandet. Zusätzlich positiven Eindruck konnten sie mit ihrer jungen Bandgeschichte schinden, bei der solch ein Knaller um so mehr erstaunen muss. Nun haben sie mit „A New Era Of Corruption“ ihre dritte Langrille am Start, bei der sich zeigen muss, in welche Richtung die Weichen gestellt werden: Genrevorreiter oder Absacker.
Doch so einfach machen es mir die Jungs aus Tennessee nun auch wieder nicht. Denn mit „Devolver“ stellen sie gleich einen der schwächsten Songs des Albums an den Beginn. Zwar kommt er mit seinen vielen Tempiwechseln sehr dynamisch daher, schwächelt aber einfach im Gesamtbild, das zu zerfahren wirkt, zu sehr auf Spieltechnik angelegt.
Aber da habe ich sie definitiv auf dem falschen Fuß erwischt. Denn mit endgeilen Nummern wie „Reprogrammed To Hate“ (Chino Moreno von den Deftones hat hier einen kleinen Auftritt als Gastsänger) oder „Murder Sermon“, das mit ordentlich Drive und gelungenem Akustik-Break aufwarten kann, reißen sie eine Menge raus.
Vom Prinzip her haben Whitechapel ihren Stil im Vergleich zu „This Is Exile“ nicht großartig geändert und sich hauptsächlich im Songwriting verbessert. Ob man trotz der wieder einmal hervorragend daherkommenden Produktion überhaupt alle drei Gitarren raushören kann, ist ja eine altbackene Diskussion, zu der jeder selbst seinen Teil beitragen kann.
Was mir im Gegensatz zu den Vorgängern von „A New Era Of Corruption“ bitter aufstößt, sind die häufigen Slam-Parts und generellen Ausflüge in den Slow- und Midtempo-Bereich. Das mag bei dosierter Anwendung ein kontrastierendes Stilmittel zu schneller Brutalität darstellen. Zu häufige Be-nutzung kommt dann aber einer Ab-nutzung gleich. Wahrscheinlich fiele das nicht dermaßen auf, wenn Phil Bozeman seinen Gesang in diesen Teilen etwas mehr variiert hätte. Das ständige leicht angezerrte Gegrowle geht einem dann besonders auf den Keks, wenn im Hintergrund eben nicht all zu viel technisches Feuerwerk abgebrannt wird. Diese Geschwindigkeitsverschiebung, die dem gesamten Album anzumerken ist, verschreckt wahrscheinlich nicht viele Deathcore-Fans, mich lässt sie jedoch leicht irritiert zurück.
Wo das Sextett dann aber mal die Bremse löst, bleibt kein Stein auf dem anderen. Wenn sie wollen, können sie jederzeit in bester The Black Dahlia Murder-Manier Hochgeschwindigkeitszerstörung betreiben. Zudem gibt es Überraschungen elektronischer Art und kurze ruhige Intermezzi, die sich gut in das Songwriting einfügen.
Insgesamt bleibt an „A New Era Of Corruption“ nicht viel auszusetzen, obwohl es meiner Meinung nach aufgrund der angeführten Kritikpunkte nicht an “This Is Exile” herankommt. Überblickt man das ungesund schnell wachsende Genre, wird einem schnell klar, dass Whitechapel qualitativ noch immer an vorderster Front musizieren. Aber ein Meilenstein ist „A New Era Of Corruption“ eher nicht geworden.