Eigentlich hatte ich mir ja vorgenommen, keine reinen Folk/Pagan-Platten mehr zu rezensieren, die nur unnötig den Blutdruck in die Höhe treiben. Bekommt man aber in Zeiten ausschweifender digitaler Bemusterung mal wieder einen Festkörper in die Hand (Für die jüngeren: CD), fühlt man sich ja doch verpflichtet, etwas zu schreiben.
Bei der ersten Blast-Attacke von „Craving“ musste ich sofort einen ungläubigen Blick auf den Beipackzettel werfen, um mich zu überzeugen, dass hier wirklich ein Mensch am Schlagzeug sitzt. Das ist jetzt weniger als Lob gemeint, sondern vielmehr ein Ausdruck des Entsetzens über so viel Triggerei (das haben sich nicht mal Kataklysm zu ihren besten Zeiten getraut). Hat man den ersten Schock überwunden, setzt Erleichterung ein, denn der Rest des Albums ist glücklicherweise nicht ganz so digital geraten. Dieser Erleichterung folgt schließlich dann Ernüchterung: Craving wildern in der Black/Folk Ecke; ein Genre, zu dem aus deutscher Sicht Suidakra schon vor 10 Jahren alles und alles besser gesagt haben. Dabei kratzen Craving in ihren 10 Songs von beiden Seiten am Kitsch und man ist mehr als einmal versucht, Songs nach der ersten freundlichen Melodie zu skippen.
Spätestens wenn man dann bei den letzten Songs des Albums angekommen ist und mit Erschrecken feststellt, dass Ex-Equilibrium und jetzt-Arafel-Sänger Helge Stang hier mitmacht, mischt sich auch ein bisschen Wut darunter. Wut zum Beispiel darüber, dass Craving immer wieder gute Ansätze zeigen, sich aber lieber auf ausgetretene Pfade zurückziehen sobald es spannend wird, um ja nicht irgendwelche Genregrenzen zu verletzen. Und auch Wut darüber, dass es immer noch Label gibt, die versuchen die pagane Kuh zu melken. Anders ist nicht zu erklären, warum man immer noch ständig mit solchen durchschnittlichen Bands belästigt wird. Gibt es keine mutigen paganen Nachwuchsbands in Deutschland, die mehr können, als mittelmäßig nachzumachen?