Die Wartezeit war lang und einiges lag im Argen. Mastermind Jari Mäenpää hatte sich direkt nach den Aufnahmen zu „Iron“ aufgemacht, mit Wintersun seine eigenen Wege zu gehen. Aus dem Dunstkreis der finnischen Melodicbands wurde Petri Lindroos, seines Zeichens Frontbarde bei Norther vorerst für Liveauftritte engagiert, um dann später festes Mitglied der „Schwertträger“ zu werden.
Daraus ergab sich bei Ankündigung des neuen Album die berechtigte Frage: Wie wird sich der Wechsel bemerkbar machen? Immerhin war Herr Mäenpää der Ideengeber hinter Ensiferum und Mr. Lindroos hatte vorher mit Folk nicht viel am Hut. Die Verantwortung lag schwer, zumal die 2006er EP „Dragonheads“ nicht besonders positiv von den Fans aufgenommen wurde. Bis auf „White Storm“ waren die Songs zu langsam und zu künstlich arrangiert.
2007 nun endlich das Album mit dem selbstbewussten Namen „Victory Songs“. Beim Intro kann man daran noch zweifeln. Mit relativ viel Synthesizergeklimper ausgestattet, vermag es zwar über die gesamte Länge zu überzeugen, wirkt aber im Arrangement zu modern. Dann plötzlich ein Slide, markiges Geschrei ertönt und erzeugt beim Hörer sofort das Gefühl einer Horde wilder Reiter, die auf die Schlacht zujagt. Voller Entzücken stellt man fest, dass Ensiferum immer noch wie Ensiferum klingen. Aus allen Stilrichtung wird das Beste rausgepickt. Zwischen Thrash und Powermetalriffs erzeugt die zweite Gitarre mit schnellen Folkriffs diesen unglaublichen Drive, den nur die Finnen zustande kriegen. Beeindruckend auch, wie sie das Keyboard einbauen, ohne einen Moment zu überladen oder kitschig zu klingen. Bestes Beispiel: „Deathbringer From The Sky“. Was mit hohem Powermetal Geschrei beginnt, wird schnell zu einer astreinen Thrash/Speed/Melodic/Folk Granate, die so viele verschiedene Elemente enthält, dass alleine die Aufzählung den Rahmen hier sprengen würde. Einfach selber hören!
Die Unterschiede zu den Vorgängern sind nicht so gravierend wie befürchtet. Lindroos keift zwar mehr als sein Vorgänger und vermisst manchmal etwas Abwechslung, passt aber gut zu den Thrashriffs. Erfreulicherweise geht es auf „Victory Songs“ wieder etwas schneller zur Sache, als es auf „Iron“ noch der Fall war, Langeweile kommt aber nicht auf. „Ahti“ entwickelt sich zu einer echt groovigen Nummer, ebenso wie die erste Single „One More Magic Potion“, bevor dann mit „Wanderer“ das langsamste Stück des Album erreicht ist. Recht simpel aufgebaut, beweißt es doch, was Ensiferum am besten können: Riffs basteln, die sich sofort im Kopf festsetzen. „Raised By The Sword“ und „The New Dawn“ nehmen dann wieder mehr Fahrt auf, bevor der zehn Minuten Epos „Victory Song“ das Album beendet. Das längste Lied, welches die Band jemals geschrieben hat, bietet wirklich nochmal alles. Ausgehend vom Akkustik-Intro baut sich der Song langsam auf und geht erst ab der dritten Minute in die Vollen um sich dann wieder zu einer echten Hymne zu entwickeln. Besser geht’s kaum.
„Victory Songs“ orientiert sich mehr am ersten Album, verpasst aber knapp die Höchstwertung, weil es im Gesamtbild etwas zu perfekt klingt und in den Akkustikpassagen nicht so überzeugen kann, wie das Debüt von 2001. Dennoch ist es beeindruckend, wie es Ensiferum trotz aller Lineup-Wechsel (drei neue Mitglieder seit 2004) geschafft haben, ein drittes starkes Album zu produzieren und immer noch so frisch wie in ihren Anfangstagen zu klingen. Wer auf modernen, schnellen Folkmetal steht, sollte sich diese Scheibe nicht entgehen lassen.