Was Lifelover seit ihrem 2006er Debut „Pulver“ deklarieren, wird hier konsequent fortgeführt. Das Leben ist ein Pfuhl des Leides und Musik der schmerzvolle Stachel der Wahrheit, welcher das Herz unerbittlich zerfleischt. Die sarkastischen Schweden schaffen es wiederholt diese Tatsache in Töne umzusetzen, welche nicht schön sind, nicht zum Genuss einladen, doch die düstere Tatsache der menschlichen Elendigkeit in ihrer Ganzheit verkörpern; ein niederschmetterndes Kleinod.
So driften bereits die ersten Töne von „Sjukdom“ in eine Welt hinab, die das ewige Ringen um Zeit aus der tiefsten aller tiefen Perspektiven darstellt. Sobald der Gesang einsetzt, versetzt es der Psyche einen Schlag, der so tief in die emotionale Magengrube geht, dass einem der Drang zu erbrechen kaum mehr vergehen will. Zugleich lacht der Verstand und es vermischen sich Tränen, welche sich sonst niemals kennengelernt hätten; Freude und Leid liegen hier wie eineiige Zwillinge beieinander und treiben ein paradoxes Spiel höchster Verwirrung. Doch tränt die Freude nicht ob irgendwelcher Hoffnung, Zuversicht oder Schönheit. Es ist die zweifelhafte Lust daran, in ergötzende Ekstase zu verfallen in Momenten, die an Depression nicht nur erinnern, sondern ihr blutend zeigen, wo Trauer und Hass in ewig währende Misanthropie münden.
Es ist diese endlos beklemmende und durch sich wiederum so befreiende Stimmung, welche eine Faszination auslöst, wie es kaum eine andere Band vermag. Es ist der verzweifelte, zum Himmel klagende Gesang, welcher im Grunde kaum als Gesang, denn als Katharsis zu verstehen ist, die in ihrer Intensität und Hoffnungslosigkeit so viel Bitterkeit in sich trägt, dass einem kein guter Gedanke beim hören in den Sinn kommen will. Währenddessen kämpft der Rhythmus in seiner klaren, beinahe sterilen Nüchternheit einen gnadenlosen Kampf gegen ausschweifende, ausladende und Leid-getriebene Melodien; ihrerseits oft etwas rau, beinahe schroff in erbarmungsloser Vehemenz dargeboten. Zwischendrin Klaviertöne: hell, klar, messerscharf; kleine Schnitte in das ohnehin schon verblutende Herz. Diabolische Glückgefühle, welche mit nur noch tieferem Gram angereichert sind. Bitterkeit ohne Rast und Ruh.
Was bleibt ist jene Sucht sich zu erbrechen, in einem emotionalen Sinn, sich der Last befreien, die so schwer liegt, dass der gesamte Körper schmerzt, auch ob der Schläge, die er in einer knappen Stunde einstecken muss. Doch auch eine tiefe innere Zufriedenheit bleibt, ein Gefühl des Dankes. "The tendency is to push it as far as you can."