Cypher, Faruk und Hedrykk sind nun ganz oben angekommen. Also thematisch jedenfalls. Begannen sie mit Geïst weit draußen auf dem Meer, wo sie auf einer "Galeere" schwammen, ging es dann mit Eïs und "Patina" auf große Wanderschaft, welche die drei hiesigen Musiker vom Weg abkommen ließ und ihre ehemaligen Weggenossen in die Berge führte, auf welchen man das kalte "Wetterkreuz" besang. Dass diese irdischen Banalitäten nichts für das abenteuerlustige Trio sind, zeigen sie nun mit ihrem neuen Projekt Vyre, welches sich das endlose All zur Thematik genommen hat. "The Initial Frontier Pt. I" lässt dabei sogleich durchscheinen, dass Vyre kein kurzer Parabelflug sein soll.

Doch ist es keine einfache Aufgabe, die sich die Metalnauten hier gestellt haben, gibt es doch im All so einiges zu besingen: Staub, Meteoriten, Sterne und Gas. Damit allein begnügt man sich hier jedoch gar nicht erst, denn mit Songs wie "Coil of Pipes" oder "Digital Dreams" erzwingt man sich auch eine latente Kritik an der technokratischen Gesellschaft. Wie das klingt? Im Grunde genau wie Geïst und auch Eïs. Das liegt nicht zuletzt auch daran, dass mit Hedrykk und Cypher zwei Songwriter im Boot, respektive in der Rakete, sitzen, die bereits in den zuvor genannten Bands einen unverkennbaren Stil bedienten. Hohen Wiedererkennungswert hat dabei sowohl die Stimme von Frontmann Cypher, welche sich kratzig und messerscharf durch die spacigen Arrangements aus Keyboard und Gitarrenwand schnitzt, als auch das Riffing. Trotz dieser Parallelen spürt man auf "The Initial Frontier Pt. I" dennoch genügend Frische und Eigenständigkeit. Nur trifft man eben auf einige vertraute Konstanten, wenn man sich schon durch die beiden Vorgängerbands gehört hat. Das betrifft hier letztlich auch die Drums, welche von Marlek (Eïs) eingespielt wurden und mit stringentem Spiel überzeugen, das facettenreich aber nie aufdringlich agiert. Generell findet man mit Vyre eine ausgewogene Linie zwischen Geschwindigkeit, Kraft, atmosphärischen Sounds und einer gewissen Note an Progressivität. Ein gutes Beispiel für die genretechnische Freiheit, die sich Vyre auf diesem Album nehmen, ist dabei das kurze Jazz-Interludium aus "Fragile Equilibrium". Der Grundtenor ist zwar noch immer Black Metal, die Bielefelder versteifen sich indes aber nicht auf irgendetwas, sondern lassen sich frei schweben. Eben ganz so, wie man es sich im Weltraum vorstellt.

Mit "Initial Frontier Pt. I" legen Vyre erwartungsgemäß ein ausgereiftes Debüt vor, was angesichts der musikalischen Vorerfahrung der Mitglieder nicht verwunderlich ist. Hier und da könnte man zwar noch etwas abspecken, was Keyboard-Teppiche angeht, beweist aber insgesamt ein gutes Händchen für kosmische Stimmungen und ausschweifende Songstrukturen. Die mit dem Albumtitel und dem Image hervorgerufenen Erwartungen wurden erfüllt, wenngleich man vielleicht noch nicht ganz in den Sphären der Space-Pionieren Arcturus angekommen ist. Wer melodischen Space Black Metal hören will, auf den Cpt. Kirk stoz wäre, findet hier auf 48 Minuten genau das Richtige. In diesem Sinne: Beam me up, Cypher!

Vyre · The Initial Frontier Pt. I · 2013

Redaktion

verfasst von Winterfreud666
vom 26.03.2014

8 / 10

Playlist

01 - Small Bang Theory (Introduction)
02 - The Initial Frontier
03 - Fragile Equilibrium
04 - Coil of Pipes
05 - Digital Dreams
06 - Miasma