Ein eisiger Wind aus Nord weht zu uns herüber, denn die Schweden von Watain haben sich aus den Tiefen der Uppsala-Wälder erhoben. Grund hierfür: Ihr neues Werk „Lawless Darkness“. Dass Watain tendenziell in eine düstere Atmosphäre investieren, sei wohl für das Gros der Leser keine Überraschung, spielen sie doch feinsten Schweden-Black Metal. Ihr Hang zu Okkultem und einem gewissen Tiefsinn, sei auch nur als fakultative Ergänzung angegeben. Dies sind gänzlich immanent-exspektative Aspekte.

Mit ihrer neuen Scheibe zeigen die drei Nordmänner jedoch auch ihre Affinität zum gepflegten Heavy Metal. Sicherlich, auch dies keine Revolution im Black Metal, doch eines sei vorweg genommen: Es wird düster, kalt und schauerlich. Die Dunkelheit als musikalische Grauzone?

Nun schauerlich ist indes nur die Stimmung und dies in einer durchweg positiven Konnotation. Bereits mit dem Opener „Death's Cold Dark“, welcher über ein knappes Intro eingeleitet wird, bringen die Schweden ihren Rechtsweg auf Kurs. Die Dunkelheit wird heraufbeschworen und mit Druck und Kraft manifestiert. Kalte Riffs, treibendes Schlagwerk und angenehm guttural-raue Vocals fungieren als Werkzeuge, mit welchen die Herren ihre Anliegen verkünden. Doch düstere Geschwindigkeits-Attacken sind nicht die Quintessenz von „Lawless Darkness“.

Zwischen den recht flotten Doppelfuß-Passagen mit dezenten Snare-Prügelein, driftet Gitarrist Pelle Forsberg vereinzelt und häppchenweise in den Heavy Metal ab. Wer hier nun fröhlich, kitschigen 80er Jahre Heavy Metal erwartet, sei jedoch gewarnt. Wenngleich die Riffs eine gewisse Heavyness aufweisen, wird der schwarze Charakter der Musik stets bewahrt. „Lawless Darkness“ ist ein ordentliches Black Metal Brett, welches sowohl von rockigen, als auch von druckvollen Passagen durchzogen ist und eine permanente Kraft aufweisen kann. Die Songs sind angenehm zu hören, bieten genügend Varianz, ohne an dienlicher Homogenität einzubüßen.

Das Konzept dieses Albums ist stimmig. Der dezent wütend-misanthropische Grundtenor wird elegant in den stilvoll-starken Riffs und erquicklichen Soli untergebracht, sodass der Fokus nicht auf hasserfülltem Riffing und brutalstem Snare-Bombardements liegt, sondern eine melodische, tragende Komponente eingefügt wird. Das hieraus resultierende Klang-Gefüge wirkt erhaben, beinahe mächtig, scheut dennoch nicht den direkten Angriff, den Sturm, welchen Watain gekonnt zu entfesseln wissen.

Um jedoch den Kreis hin zu Watains Heavy Metal-Einflüssen zu schließen, seien nur Titel wie: „Total Funeral“, „Waters Of Ain“ und nicht zuletzt „Chains Of Death“ erwähnt. Letzteres ist der Gipfel, das Ausrufezeichen hinter dem Anliegen, Heavy Metal einen Raum in dem vielen Schwarz zu schaffen. Und die Wahl ist wohl keine zufällige, so stammt „Chains Of Death“ doch von den Italienischen Düster Metallern Death SS und kann mit seinem 1983er Baujahr, doch ein gewisses Alter, eventuell sogar eine leichte Ehrwürdigkeit aufweisen. Watain gönnen dem „Evil Metal“-Abkömmling anno 2010 eine Renaissance, welche dem Titel wirklich gut zu Gesicht steht. Håkan Jonssons Heavy Metal-Ausflüge mit Die Hard scheinen köstliche Früchte getragen zu haben. Sehr gelungene Umsetzung, die kaum Wünsche offen lässt.

Wie kann man „Lawless Darkness“ nun zusammenfassen? Es ist etwas dreckig, rau, nordisch, kalt, düster, rockig und thrashig. Und um die Adjektiv-Kette bis zum Exitus auszureizen: Fucking Heavy. Wem der Sinn danach steht, der kann gewisse Dissectioneske Nuancen heraushören. Aber auch ein Spritzer Marduk, eine Unze Gorgoroth und eine Prise Code können enthalten sein.

Watain erfinden das schwarmetallische Rad nicht neu. Sie bringen wohl auch niemanden dazu, von einer Revolution zu sprechen. Was sie jedoch geschafft haben, ist die Kreation einer wirklich guten Black Metal Scheibe, die man auch in zehn Jahren noch hören kann und währenddessen als ein elendig-grinsender Drecksack im Ledersessel sitzen wird. In diesem Sinne, Heavy geht die Welt zugrunde.

Watain · Lawless Darkness · 2010

Redaktion

verfasst von Winterfreud666
vom 21.06.2010

8 / 10

Playlist

01 - Death's Cold Dark
02 - Malfeitor
03 - Reaping Death
04 - Four Thrones
05 - Wolves Curse
06 - Lawless Darkness
07 - Total Funeral
08 - Hymn to Qayin
09 - Kiss of Death
10 - Waters of Ain
11 - Chains of Death (Death SS Cover)